Quelltext der Seite Die neue Abkürzung der NASA auf dem Weg zur Fusionsenergie

<div style="display:inline-block; vertical-align:top; padding-top:0.5em;">[[Datei:Ieee-spectrum-logo2_248x52.png|frameless|248px|none|link=https://spectrum.ieee.org]]</div>
<div style="display:inline-block; margin-left: 1.2em;"><small>27. Februar 2022<br>Bayarbadrakh Baramsai / Theresa Benyo / Lawrence Forsley / Bruce Steinetz<br>[https://spectrum.ieee.org/lattice-confinement-fusion NASA’s New Shortcut To Fusion Power]</small></div> __NOTOC__

== Die Gittereinschlussfusion kommt ohne riesige Magnete und Hochleistungslaser aus ==

<div style="margin: 1.5em 0 1.5em 0;">[[Datei:Nasas-shortcut_cover_360x294.jpg|frameless|360px|none|link=]]</div>

'''Schon vor über einem Jahrhundert''' hatten [https://de.wikipedia.org/wiki/Physik Physiker] die Vermutung angestellt, dass die [https://de.wikipedia.org/wiki/Sonne Sonne] durch die [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusion Fusion] von [https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoff Wasserstoff] zu [https://de.wikipedia.org/wiki/Helium Helium] angetrieben wird. Es hat viele Jahre gedauert, bis die Forscher hinter das Geheimnis kamen, auf welche Weise in den Sternen leichtere [https://de.wikipedia.org/wiki/Chemisches_Element Elemente] zu schwereren fusionieren und dabei [https://de.wikipedia.org/wiki/Energie Energie] freigesetzt wird. Und die Wissenschaftler und Ingenieure haben den Fusionsprozess der Sonne immer weiter erforscht, in der Hoffnung, die [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusion Kernfusion] eines Tages zur Erzeugung von [https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4rme Wärme] oder [https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrische_Energie Elektroenergie] nutzen zu können. Doch die Aussicht, unseren Energiebedarf auf diese Weise decken zu können, erscheint weiterhin unrealistisch.

Demgegenüber gelang die Gewinnung von Energie aus der [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernspaltung Kernspaltung] vergleichsweise schnell. Im Jahr 1938 wurde in Deutschland die [https://de.wikipedia.org/wiki/Entdeckung_der_Kernspaltung Spaltung von Uran entdeckt], und bereits vier Jahre später, im Jahr 1942, wurde in Chicago der [https://de.wikipedia.org/wiki/Chicago_Pile erste „Atommeiler“] errichtet.

Gegenwärtig sind weltweit etwa [https://www.iaea.org/newscenter/news/iaea-releases-2019-data-on-nuclear-power-plants-operating-experience 440 Kernspaltungsreaktoren] in Betrieb, die alle zusammen eine Leistung von etwa 400 [https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Gr%C3%B6%C3%9Fenordnungen_der_Leistung#Gigawatt Gigawatt] erzeugen können, ohne dabei [https://de.wikipedia.org/wiki/Kohlenstoffdioxid Kohlendioxid] zu emittieren. Doch so nützlich diese Kernspaltungsanlagen auch sein mögen, so weisen sie doch auch erhebliche Nachteile auf. Der von ihnen verwendete [https://de.wikipedia.org/wiki/Uran-Anreicherung angereicherte Uranbrennstoff] muss sicher aufbewahrt werden. Verheerende Unfälle wie der in [https://de.wikipedia.org/wiki/Nuklearkatastrophe_von_Fukushima Fukushima] in Japan können ganze Regionen unbewohnbar machen. Darüber hinaus müssen die durch die Spaltung entstehenden [https://de.wikipedia.org/wiki/Radioaktiver_Abfall Abfallprodukte] sicher entsorgt werden, und diese bleiben über Tausende von Jahren [https://de.wikipedia.org/wiki/Radioaktivit%C3%A4t radioaktiv]. Um diesen Problemen beizukommen, setzen Regierungen, Universitäten und Unternehmen schon seit langem auf die [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusion Kernfusion].

Zu den daran interessierten Parteien zählt auch die [https://de.wikipedia.org/wiki/NASA NASA]. Für ihre Weltraumreisen, darunter [https://de.wikipedia.org/wiki/Raumsonde Sonden] und [https://de.wikipedia.org/wiki/Bemannte_Raumfahrt bemannte Missionen] zum [https://de.wikipedia.org/wiki/Mond Mond] und zum [https://de.wikipedia.org/wiki/Mars_(Planet) Mars], weist die Raumfahrtbehörde einen erheblichen Bedarf an Energie aus. Seit mehr als 60 Jahren versorgen [https://de.wikipedia.org/wiki/Solarzelle Photovoltaikzellen], [https://de.wikipedia.org/wiki/Brennstoffzelle Brennstoffzellen] und [https://de.wikipedia.org/wiki/Radionuklidbatterie Radioisotopengeneratoren] (RTGs) die Raumfahrzeuge mit Energie. <abbr title=" Radioisotope Thermoelectric Generator / Radioisotopengenerator">RTG</abbr>s, die mit der Wärme arbeiten, die beim Zerfall von nicht spaltbarem [https://de.wikipedia.org/wiki/Plutonium#Isotope Plutonium-238] freigesetzt wird, haben sich als äußerst langlebige Lösungen erwiesen – beide [https://de.wikipedia.org/wiki/Voyager-Sonden Voyager-Sonden] nutzen derartige Generatoren und sind so auch fast 45 Jahre nach ihrem Start noch immer voll funktionstüchtig. Bei der Umwandlung von Wärme in Elektroenergie erreichen diese Generatoren jedoch nur einen [https://de.wikipedia.org/wiki/Wirkungsgrad Wirkungsgrad] von gerade einmal 7,5 Prozent. Und ein modernes [https://de.wikipedia.org/wiki/Raumschiff Raumfahrzeug] benötigt mehr Energie, als ein <abbr title=" Radioisotope Thermoelectric Generator / Radioisotopengenerator">RTG</abbr> von entsprechender Größe zur Verfügung stellen kann.

Eine vielversprechende Alternative bietet die [https://en.wikipedia.org/wiki/Lattice_confinement_fusion Gittereinschlussfusion] (LCF), eine Form der [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusion Fusion], bei der der Fusionsbrennstoff in ein [https://de.wikipedia.org/wiki/Metallische_Bindung Metallgitter] eingebunden ist. Durch diesen Einschluss werden positiv geladene Kerne zur Fusion angeregt, da durch die hohe [https://de.wikipedia.org/wiki/Elektronendichte Dichte der Elektronen] in dem leitenden Metall die Wahrscheinlichkeit reduziert wird, dass sich zwei [https://de.wikipedia.org/wiki/Atomkern Atomkerne] bei ihrer Annäherung gegenseitig abstoßen.

<div style="margin: 1.5em 0 0.8em 1em;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb01_640x431.jpg|frameless|640px|none|link=]]</div>
<div style="width:640px; font-size:0.85em; font-weight:bold; line-height:1.3em; margin:0.8em 0 1.5em 1em; text-align:left;">Das deuterierte [https://de.wikipedia.org/wiki/Erbium Erbium] (chemisches Symbol ErD<sub><small>3</small></sub>) wird in daumengroße Fläschchen gefüllt, wie in diesem Probensatz aus einem Experiment vom 20. Juni 2018 zu sehen ist. Hierbei werden die Fläschchen vor dem Experiment aufgereiht, und das Metall wird während des Experiments mit Tüchern abgedeckt, um es so in seiner Position zu fixieren. Das Metall hat bereits begonnen, Risse zu bilden und aufzubrechen, was darauf hindeutet, dass es vollständig [https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%A4ttigung_(Physik) gesättigt] ist. (NASA)</div>

<div style="margin: 1.5em 0 0.8em 1em;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb02_640x192.jpg|frameless|640px|none|link=]]</div>
<div style="width:640px; font-size:0.85em; font-weight:bold; line-height:1.3em; margin:0.8em 0 1.5em 1em; text-align:left;">Die Fläschchen sind [https://de.wiktionary.org/wiki/bernsteinfarben bernsteinfarben] und sie enthalten die Metallstückchen oberhalb der chemischen Tücher. Die Fläschchen werden auf den Kopf gestellt, um das Metall so auf das Strahlenbündel der [https://de.wikipedia.org/wiki/Gammastrahlung Gammastrahlung] auszurichten. Das Klarglas hat sich durch die Gammastrahlung bernsteinfarben verfärbt. (NASA)</div>

Wir sowie weitere Wissenschaftler und Ingenieure am [https://de.wikipedia.org/wiki/Glenn_Research_Center NASA Glenn Research Center] in [https://de.wikipedia.org/wiki/Cleveland Cleveland] gehen der Frage nach, ob dieses Verfahren eines Tages genügend Energie liefern könnte, um beispielsweise kleine [https://en.wikipedia.org/wiki/Robotic_spacecraft Robotersonden] auf der Marsoberfläche zu betreiben. Die <abbr title="Lattice Confinement Fusion / Gittereinschlussfusion">LCF</abbr> würde den Gebrauch von spaltbarem Material wie etwa angereichertem Uran überflüssig machen, dessen Beschaffung kostspielig und dessen sichere Handhabung sich oft schwierig gestaltet. Die <abbr title="Lattice Confinement Fusion / Gittereinschlussfusion">LCF</abbr> dürfte sich als kostengünstiger, kompakter und sicherer erweisen als andere Verfahren zur Nutzbarmachung der [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusion Kernfusion]. Und sobald die Technologie ausgereift ist, könnte sie auch hier auf der Erde zum Einsatz kommen, z. B. in kleinen Energieanlagen zur Versorgung einzelner Gebäude, wodurch die Abhängigkeit von [https://de.wikipedia.org/wiki/Fossile_Energie fossilen Brennstoffen] verringert und die Stabilität des [https://de.wikipedia.org/wiki/Stromnetz Stromversorgungsnetzes] erhöht würde.

'''Schon seit langem''' sind die Physiker der Meinung, dass die [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusion Kernfusion] die Möglichkeit eröffnet, sauberen [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernenergie Atomstrom] zu erzeugen. Schließlich erzeugt auch die Sonne auf diese Weise elektrische Energie. Doch die [https://de.wikipedia.org/wiki/Sonne Sonne] ist mit einem enormen Vorteil hinsichtlich ihrer Größe ausgestattet. Mit einem Durchmesser von fast 1,4 Millionen Kilometern und mit einem Plasmakern, der eine 150 mal höhere Dichte aufweist als flüssiges Wasser und auf 15 Millionen °C aufgeheizt ist, nutzt die Sonne ihre Hitze und ihre Schwerkraft, um die Teilchen zusammenzupressen und so ihren Fusionsofen am Laufen zu halten.

Hier auf der Erde sind wir nicht in der Lage, auf dieselbe Weise Energie zu erzeugen. Ein Fusionsreaktor muss einen kritischen Wert hinsichtlich der Dichte der Brennstoffteilchen, der Einschlussdauer und der Plasmatemperatur erreichen (nach dem Entwickler John Lawson als [https://de.wikipedia.org/wiki/Lawson-Kriterium Lawson-Kriterium] bezeichnet), um zu einem positiven Nettoenergieausstoß zu gelangen. Und bis jetzt hat das noch niemand geschafft.

=== Das Entfachen des Fusionsfeuers ===

<div style="margin: 1.5em 0 1em 1em;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb03a_360x322.png|frameless|360px|none|link=]]</div>
<div style="width:360px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; margin:1em 0 1.5em 1em; text-align:left;">Bei der [https://en.wikipedia.org/wiki/Lattice_confinement_fusion Gittereinschlussfusion] (Lattice Confinement Fusion, LCF) wird ein Bündel von [https://de.wikipedia.org/wiki/Gammastrahlung Gammastrahlen] auf ein mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Deuteron Deuteronen] gesättigtes Target aus [https://de.wikipedia.org/wiki/Erbium Erbium] [hier im Bild] oder [https://de.wikipedia.org/wiki/Titan_(Element) Titan] gerichtet. Bei ausreichend starker Gammastrahlung zerfällt dann ein Deuteron im Metallgitter gelegentlich in seine Bestandteile, in ein [https://de.wikipedia.org/wiki/Proton Proton] und ein [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutron Neutron].</div>

<div style="margin: 1.5em 0 1em 1em;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb03b_360x290.png|frameless|360px|none|link=]]</div>
<div style="width:360px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; margin:1em 0 1.5em 1em; text-align:left;">Das [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutron Neutron] stößt im [https://de.wikipedia.org/wiki/Metallische_Bindung Gitter] mit einem anderen [https://de.wikipedia.org/wiki/Deuteron Deuteron] zusammen und überträgt dabei einen Teil seines eigenen [https://de.wikipedia.org/wiki/Impuls Impulses] auf das Deuteron. Das von [https://de.wikipedia.org/wiki/Elektron Elektronen] abgeschirmte Deuteron verfügt dadurch über genügend Energie, um die [https://de.wikipedia.org/wiki/Coulombwall Coulombbarriere] zu überwinden, durch die es im Normalfall von einem anderen Deuteron abgestoßen werden würde.</div>

=== Die Deuteron-Deuteron-Fusion ===

<div style="margin: 1.5em 0 1em 1em;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb04_360x158.png|frameless|360px|none|link=]]</div>
<div style="width:360px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; margin:1em 0 1.5em 1em; text-align:left;">Fusioniert das energiereiche [https://de.wikipedia.org/wiki/Deuteron Deuteron] im [https://de.wikipedia.org/wiki/Metallische_Bindung Gitter] mit einem anderen Deuteron, kann dies zur Bildung eines [https://de.wikipedia.org/wiki/Helion_(Physik) Helium-3-Kerns] (Helion) und zur Freisetzung nutzbarer Energie führen. Ein dabei freiwerdendes [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutron Neutron] könnte andernorts wiederum den Anstoß für ein weiteres energiereiches Deuteron bewirken.
Alternativ könnte die Verschmelzung der beiden Deuteronen auch zu einem [https://de.wikipedia.org/wiki/Triton_(Physik) Wasserstoff-3-Kern] (Triton) und einem überschüssigen [https://de.wikipedia.org/wiki/Proton Proton] führen. Auch bei dieser Reaktion wird nutzbare Energie freigesetzt.
</div>

=== Stripping- und OP-Reaktion ===

<div style="margin: 1.5em 0 1em 1em;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb05_360x164.png|frameless|360px|none|link=]]</div>
<div style="width:360px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; margin:1em 0 1.5em 1em; text-align:left;">Eine weitere Reaktionsmöglichkeit bei der [https://en.wikipedia.org/wiki/Lattice_confinement_fusion Gittereinschlussfusion] besteht darin, dass ein [https://de.wikipedia.org/wiki/Erbium Erbiumatom] das energiereiche [https://de.wikipedia.org/wiki/Deuteron Deuteron] zerreißt und das [https://de.wikipedia.org/wiki/Proton Proton] absorbiert. Das zusätzliche Proton verwandelt das Erbiumatom in [https://de.wikipedia.org/wiki/Thulium Thulium] und setzt dabei Energie frei.
Wird das [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutron Neutron] vom Erbiumatom [https://de.wikipedia.org/wiki/Absorption_(Physik) absorbiert], kommt es zur Bildung eines neuen [https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Isotope/Ordnungszahl_61_bis_Ordnungszahl_70#68_Erbium Erbiumisotops]. Dies bezeichnet man als [https://en.wikipedia.org/wiki/Oppenheimer%E2%80%93Phillips_process Oppenheimer-Phillips (OP)-Strippingreaktion]. Das Proton des aufgebrochenen Deuterons heizt das Gitter auf.
</div>

In [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusionsreaktor Fusionsreaktoren] kommen in der Regel zwei verschiedene [https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoff#Deuterium_und_Tritium Wasserstoffisotope] zum Einsatz: [https://de.wikipedia.org/wiki/Deuterium Deuterium] (bestehend aus einem [https://de.wikipedia.org/wiki/Proton Proton] und einem [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutron Neutron]) und [https://de.wikipedia.org/wiki/Tritium Tritium] (bestehend aus einem Proton und zwei Neutronen). Diese werden zu [https://de.wikipedia.org/wiki/Alphastrahlung#Zerfallsvorgang Heliumkernen] (mit jeweils zwei Protonen und Neutronen) – auch Alphateilchen genannt – fusioniert, wobei ein ungebundenes Neutron überbleibt.

Bei den bestehenden Fusionsreaktoren werden die entstehenden [https://de.wikipedia.org/wiki/Alphastrahlung Alphateilchen] – sowie die bei ihrer Entstehung freigesetzte Energie – zur weiteren Aufheizung des [https://de.wikipedia.org/wiki/Plasma_(Physik) Plasmas] genutzt. Das Plasma sorgt dann für weitere [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernreaktion Kernreaktionen] mit dem Endziel der Erzielung eines [https://en.wikipedia.org/wiki/Net_energy_gain Nettoenergiegewinns]. [https://lenr.wiki/index.php/American_Physical_Society_%E2%80%93_Kernfusionsreaktionen_in_deuterierten_Metallen Doch dem sind Grenzen gesetzt.] Selbst in den heißesten Plasmen, die in solchen Reaktoren erzeugt werden können, werden die Alphateilchen an den zusätzlichen Deuteriumkernen zumeist einfach vorbeiziehen, ohne dass dabei viel Energie übertragen wird. Um einen in dieser Hinsicht [https://de.wiktionary.org/wiki/Effizienz effizienten] Fusionsreaktor betreiben zu können, müssen so viele Alphateilchen und Deuteriumkerne wie nur irgend möglich direkt aufeinander treffen.

In den 1950er Jahren entwickelten Wissenschaftler verschiedene Fusionsanlagen mit magnetischem Einschluss, von denen [https://de.wikipedia.org/wiki/Tokamak der Tokamak von Andrej Sacharow] und [https://de.wikipedia.org/wiki/Stellarator der Stellarator von Lyman Spitzer] die bekanntesten sind. Abgesehen von den Unterschieden in den Konstruktionsdetails, versuchen beide das fast Unmögliche: Ein Gas so weit zu erhitzen, dass es zu einem [https://de.wikipedia.org/wiki/Plasma_(Physik) Plasma] gerät, und es [https://de.wikipedia.org/wiki/Magnetismus magnetisch] so weit zu verdichten, dass es zu einer [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusion Fusion] kommt – und das alles, ohne dass das Plasma entweichen kann.

In den 1970er Jahren folgten dann Fusionsanlagen mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Tr%C3%A4gheitsfusion Trägheitseinschluss]. Bei diesen Anlagen kommen [https://de.wikipedia.org/wiki/Laser Laser] und [https://de.wikipedia.org/wiki/Ionenstrahl Ionenstrahlen] zum Einsatz, entweder um die Oberfläche eines [https://de.wikipedia.org/wiki/Target_(Physik) Targets] in einer direkten [https://de.wikipedia.org/wiki/Implosion Implosion] zu [https://de.wikipedia.org/wiki/Kompressionsmodul#Allgemeines komprimieren] oder um einen inneren Targetbehälter in einer indirekten Implosion mit Energie zu versorgen. Im Gegensatz zu magnetisch eingeschlossenen Reaktionen, die Sekunden oder sogar Minuten (und eines Tages vielleicht sogar unbegrenzt) andauern können, laufen Fusionsreaktionen mit Trägheitseinschluss in weniger als einer [https://de.wikipedia.org/wiki/Sekunde#Mikrosekunde Mikrosekunde] ab, ehe das Target zerfällt und die Reaktion damit beendet wird.

Mit beiden Gerätetypen lässt sich eine Fusion erzielen, doch bisher sind sie nicht in der Lage, so viel Energie zu erzeugen, dass damit der Aufwand für die Auslösung und die Aufrechterhaltung der Kernreaktionen wieder ausgeglichen werden kann. Mit anderen Worten: Es geht mehr Energie hinein als herauskommt. [https://de.wiktionary.org/wiki/hybrid Hybride] Ansätze, die unter dem Begriff der [https://en.wikipedia.org/wiki/Magneto-inertial_fusion Magneto-Inertial-Fusion] zusammengefasst werden, weisen die gleichen Probleme auf.

=== Das Who's Who im Zoo der Fusionen ===

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<div style="margin: 0 0; display: inline-block;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb06-proton_240x144.png|frameless|240px|none|link=]]</div>
<div style="margin: 0 0; padding-top: 1.0em; display: inline-block; width:400px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; text-align:left; vertical-align: middle;">'''Proton:''' Positiv geladene Protonen bilden (im Zusammenspiel mit den Neutronen) die Atomkerne. Ein Teil einer Gittereinschlussfusion (Lattice Confinement Fusion, LCF) kann dadurch zustande kommen, dass ein Proton in einer Deuteron-Strippingreaktion von einem Erbiumatom absorbiert wird.</div>
</div>

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<div style="margin: 0 0; display: inline-block;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb07-neutron_240x144.png|frameless|240px|none|link=]]</div>
<div style="margin: 0 0; padding-top: 1.0em; display: inline-block; width:400px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; text-align:left; vertical-align: middle;">'''Neutron:''' Neutrale Neutronen bilden (im Zusammenspiel mit den Protonen) die Atomkerne. Bei Fusionsreaktionen geben sie Energie an andere Teilchen wie etwa Deuteronen ab. Ferner können sie in Oppenheimer-Phillips-Reaktionen auch absorbiert werden.</div>
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<div style="margin: 0 0; display: inline-block;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb08-er-ti_240x144.png|frameless|240px|none|link=]]</div>
<div style="margin: 0 0; padding-top: 1.5em; display: inline-block; width:400px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; text-align:left; vertical-align: middle;">'''Erbium und Titan:''' Bei Erbium und Titan handelt es sich um jene Metalle, die im Rahmen der LCF bevorzugt zum Einsatz kommen. Im Vergleich zu den anderen beteiligten Teilchen weisen jene der beiden Metalle enorme Größen auf, wodurch sie die Deuteronen einfangen und voneinander abschirmen.</div>
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<div style="margin: 0 0; display: inline-block;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb09-deuterium_240x144.png|frameless|240px|none|link=]]</div>
<div style="margin: 0 0; padding-top: 1.5em; display: inline-block; width:400px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; text-align:left; vertical-align: middle;">'''Deuterium:''' Deuterium ist Wasserstoff mit einem Proton und einem Neutron in seinem Atomkern (Wasserstoff mit nur einem Proton ist Protium). Der Deuteriumkern, ein so genanntes Deuteron, ist für die LCF von entscheidender Bedeutung.</div>
</div>

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<div style="margin: 0 0; display: inline-block;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb10-deuteron_240x144.png|frameless|240px|none|link=]]</div>
<div style="margin: 0 0; padding-top: 1.0em; display: inline-block; width:400px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; text-align:left; vertical-align: middle;">'''Deuteron:''' Der Kern eines Deuteriumatoms. Deuteronen sind für die LCF von entscheidender Bedeutung – die eigentliche Fusion findet statt, wenn ein energiereiches Deuteron im Gitter mit einem anderen zusammenstößt. Darüber hinaus kann es durch Strippingreaktionen aufgebrochen werden.</div>
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<div style="margin: 0 0; display: inline-block;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb11-tritium_240x144.png|frameless|240px|none|link=]]</div>
<div style="margin: 0 0; padding-top: 1.3em; display: inline-block; width:400px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; text-align:left; vertical-align: middle;">'''Wasserstoff-3 (Tritium):''' Ein mögliches Ergebnis einer Deuteron-Deuteron-Fusion, neben einem überbleibenden Proton. Tritium besitzt in seinem Atomkern, der auch als Triton bezeichnet wird, ein Proton und zwei Neutronen.</div>
</div>

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<div style="margin: 0 0; display: inline-block;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb12-helium-3_240x144.png|frameless|240px|none|link=]]</div>
<div style="margin: 0 0; padding-top: 1.2em; display: inline-block; width:400px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; text-align:left; vertical-align: middle;">'''Helium-3:''' Ein mögliches Ergebnis einer Deuteron-Deuteron-Fusion, zusammen mit einem überbleibenden Neutron. Helium-3 besitzt in seinem Atomkern, der auch als Helion bezeichnet wird, zwei Protonen und ein Neutron.</div>
</div>

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<div style="margin: 0 0; display: inline-block;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb13-alpha_240x144.png|frameless|240px|none|link=]]</div>
<div style="margin: 0 0; padding-top: 1.0em; display: inline-block; width:400px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; text-align:left; vertical-align: middle;">'''Alphateilchen:''' Der Kern eines normalen Heliumatoms (bestehend aus zwei Protonen und zwei Neutronen). Alphateilchen treten gewöhnlich in klassischen Fusionsreaktoren auf, in denen es häufig zur Verschmelzung von Deuterium- und Tritiumteilchen kommt. Ebenso entstehen sie im Zuge von LCF-Reaktionen.</div>
</div>

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<div style="margin: 0 0; display: inline-block;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb14-gamma_240x144.png|frameless|240px|none|link=]]</div>
<div style="margin: 0 0; padding-top: 2.5em; display: inline-block; width:400px; font-size:0.9em; font-weight:normal; line-height:1.4em; text-align:left; vertical-align: middle;">'''Gammastrahlung:''' Extrem energiereiche Photonen, die dazu dienen, durch das Aufbrechen von Deuteronen die Fusionsreaktionen in einem Metallgitter in Gang zu setzen.</div>
</div>

Auch die aktuellen [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusionsreaktor Fusionsreaktoren] benötigen als Bestandteil ihrer Brennstoffmischung erhebliche Mengen an [https://de.wikipedia.org/wiki/Tritium Tritium]. Die zuverlässigste Quelle für Tritium bildet ein [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernreaktor ''Kernspaltungsreaktor''], was dem Ziel von [https://de.wikipedia.org/wiki/Fusionsenergie Kernfusion] allerdings zuwiderläuft.

Das grundlegende Problem all dieser Techniken besteht darin, dass die [https://de.wikipedia.org/wiki/Atomkern Atomkerne] im Reaktor energiereich genug, also heiß genug sein müssen, um die [https://de.wikipedia.org/wiki/Coulombwall Coulombbarriere] überwinden zu können, somit die natürliche Tendenz der positiv geladenen Atomkerne, sich gegenseitig abzustoßen. Aufgrund der Coulombbarriere weisen fusionierende Atomkerne einen sehr geringen [https://de.wikipedia.org/wiki/Wirkungsquerschnitt Fusionsquerschnitt] auf, was wiederum zur Folge hat, dass die Wahrscheinlichkeit für das [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusion Fusionieren] zweier Teilchen ziemlich gering ist. Der Fusionsquerschnitt lässt sich dadurch erhöhen, dass die Plasmatemperatur auf 100 Millionen °C angehoben wird, was im Gegenzug jedoch immer größere Aufwendungen zur Eindämmung des Plasmas erforderlich macht. Trotz Investitionen in Milliardenhöhe und einer jahrzehntelangen Forschung steht diesen Ansätzen, die als „Heiße Fusion“ bezeichnet werden, noch ein langer Weg bevor.

'''Die Hürden, die die Heiße Fusion''' hier auf der Erde zu überwinden hat, sind wahrhaft enorm. Man kann sich leicht vorstellen, dass diese bei einem Raumschiff, das keinen Tokamak oder Stellarator an Bord haben kann, noch weitaus überwältigender ausfallen würden. Als Alternative werden auch Kernspaltungsreaktoren in Erwägung gezogen: So testete die NASA im Jahr 2018 an der [https://de.wikipedia.org/wiki/Nevada_National_Security_Site Nevada National Security Site] erfolgreich den [https://en.wikipedia.org/wiki/Kilopower Kilopower-Kernspaltungsreaktor] von der Größe einer [https://www.nasa.gov/press-release/demonstration-proves-nuclear-fission-system-can-provide-space-exploration-power Küchenpapierrolle] auf der Basis des [https://de.wikipedia.org/wiki/Uran#Isotope Uran-235]-Kerns. Der Kilopower-Reaktor wäre in der Lage, bis zu 10 [https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Gr%C3%B6%C3%9Fenordnungen_der_Leistung#Kilowatt Kilowatt] an elektrischer Leistung bereitzustellen. Sein Nachteil besteht jedoch darin, dass er mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Hochangereichertes_Uran hochangereichertem Uran] arbeitet, was zu zusätzlichen Sicherheitsrisiken beim Start führt. Außerdem ist dieser Brennstoff sehr teuer.

Dennoch stellt die Kernfusion nach wie vor eine praktikable Lösung dar, auch wenn die herkömmlichen Ansätze der Heißen Fusion keinen Erfolg versprechen. Die <abbr title="Lattice Confinement Fusion / Gittereinschlussfusion">LCF</abbr>-Technologie wäre kompakt genug, leicht genug und unkompliziert genug, um bei Raumfahrzeugen eingesetzt werden zu können.

Wie funktioniert die <abbr title="Lattice Confinement Fusion / Gittereinschlussfusion">LCF</abbr>? Weiter oben hatten wir bereits über das [https://de.wikipedia.org/wiki/Deuterium Deuterium] gesprochen, ein [https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoff#Deuterium_und_Tritium Isotop des Wasserstoffs] mit einem [https://de.wikipedia.org/wiki/Proton Proton] und einem [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutron Neutron] in seinem [https://de.wikipedia.org/wiki/Atomkern Atomkern]. Deuterierte Metalle – in unseren Experimenten sind dies [https://de.wikipedia.org/wiki/Erbium Erbium] und [https://de.wikipedia.org/wiki/Titan_(Element) Titan] – wurden entweder mit Deuterium „[https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%A4ttigung_(Physik) gesättigt]“ oder aber mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Deuteron Deuteronen], also mit Deuteriumatomen, denen ihre [https://de.wikipedia.org/wiki/Elektron Elektronen] entzogen wurden. Möglich ist dies dadurch, dass das Metall von Natur aus in einer regelmäßigen Gitterstruktur vorliegt, die zwischen den Metallatomen gleichmäßig angeordnete Nischen für die Einlagerung von Deuteronen aufweist.

Bei einem [https://de.wikipedia.org/wiki/Tokamak Tokamak] oder einem [https://de.wikipedia.org/wiki/Stellarator Stellarator] ist die Dichte des heißen Plasmas auf 10<sup><small>14</small></sup> [https://de.wikipedia.org/wiki/Deuteron Deuteronen] pro [https://de.wikipedia.org/wiki/Kubikmeter#Kubikzentimeter_(Milliliter) Kubikzentimeter] begrenzt. Fusionsanlagen mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Tr%C3%A4gheitsfusion Trägheitseinschluss] erreichen über einen sehr kurzen Zeitraum Dichten von 10<sup><small>26</small></sup> Deuteronen pro Kubikzentimeter. Wie sich herausgestellt hat, sind solche Metalle wie das Erbium in der Lage, Deuteronen über einen unbegrenzten Zeitraum hinweg in einer Dichte von fast 10<sup><small>23</small></sup> pro Kubikzentimeter aufzunehmen – weitaus mehr als die Dichte, die in einer Anlage mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Fusion_mittels_magnetischen_Einschlusses magnetischem Einschluss] erreicht werden kann, und nur drei [https://de.wiktionary.org/wiki/Gr%C3%B6%C3%9Fenordnung Größenordnungen] unter der einer Anlage mit Trägheitseinschluss. Ausschlaggebend ist allein die Tatsache, dass diese Metalle so viele Ionen ''bei Raumtemperatur'' aufnehmen können.

Das mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Deuteron Deuteronen] gesättigte Metall steht für ein [https://de.wikipedia.org/wiki/Plasma_(Physik) Plasma] von neutraler Ladung. Das Metallgitter schließt die Deuteronen ein und schirmt sie vor [https://de.wikipedia.org/wiki/Elektron Elektronen] ab, so dass sie benachbarte Deuteronen (die alle positiv geladen sind) nicht „wahrnehmen“ können. Diese Abschirmung sorgt dafür, dass es zu mehr direkten Zusammenstößen kommen kann, was wiederum die Fusionsreaktion befeuert. Ohne diese Elektronenabschirmung würden sich zwei Deuteronen mit sehr viel höherer Wahrscheinlichkeit gegenseitig abstoßen.

Unter Verwendung eines Metallgitters, das ein dichtes, kaltes Deuteronenplasma abschirmt, lässt sich mit Hilfe eines sogenannten [https://de.wikipedia.org/wiki/Dynamitron Dynamitron]-Elektronenstrahlbeschleunigers der Fusionsprozess in Gang setzen. Der [https://de.wikipedia.org/wiki/Elektronenstrahl Elektronenstrahl] trifft auf ein [https://de.wikipedia.org/wiki/Target_(Physik) Target] aus [https://de.wikipedia.org/wiki/Tantal Tantal] und setzt [https://de.wikipedia.org/wiki/Gammastrahlung Gammastrahlen] frei, mit denen dann daumengroße Fläschchen bestrahlt werden, die Titandeuterid oder Erbiumdeuterid enthalten.

Trifft eine Gammastrahlung mit ausreichender Energie – etwa 2,2 [https://de.wikipedia.org/wiki/Elektronenvolt#Dezimale_Vielfache Megaelektronenvolt] (MeV) – auf eines der Deuteronen im Metallgitter, zerfällt das [https://de.wikipedia.org/wiki/Deuteron Deuteron] in seine Bestandteile, in ein [https://de.wikipedia.org/wiki/Proton Proton] und ein [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutron Neutron]. Das freigesetzte Neutron kann dann mit einem weiteren Deuteron zusammenstoßen und dieses beschleunigen, etwa so wie ein [https://de.wikipedia.org/wiki/Queue_(Billard) Billardqueue], der auf eine Kugel trifft und diese dadurch beschleunigt. Dieses zweite, energiereiche Deuteron durchläuft dann einen von zwei Prozessen: entweder eine abgeschirmte Fusion oder eine [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernreaktion#Direkte_Reaktionen Strippingreaktion].

Bei der abgeschirmten Fusion, wie wir sie in unseren Experimenten beobachten konnten, fusioniert das energiereiche Deuteron mit einem anderen Deuteron aus dem Gitter. Die Fusionsreaktion führt dann entweder zu einem [https://de.wikipedia.org/wiki/Helium-3 Helium-3]-Kern und einem übergebliebenen Neutron oder aber zu einem [https://de.wikipedia.org/wiki/Tritium Wasserstoff-3]-Kern und einem übergebliebenen Proton. Diese Fusionsprodukte können ihrerseits wieder mit weiteren Deuteronen fusionieren, was zur Bildung von [https://de.wikipedia.org/wiki/Alphastrahlung Alphateilchen] führt, oder mit einem anderen Helium-3- respektive Wasserstoff-3-Kern. Bei jeder dieser Kernreaktionen kommt es zur Freisetzung von Energie, wodurch weitere Fusionsvorgänge in Gang gesetzt werden.

Bei einer [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernreaktion#Direkte_Reaktionen Strippingreaktion] streift ein Atom wie beispielsweise das [https://de.wikipedia.org/wiki/Titan_(Element) Titan] oder das [https://de.wikipedia.org/wiki/Erbium Erbium] aus unseren Experimenten das [https://de.wikipedia.org/wiki/Proton Proton] oder das [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutron Neutron] vom [https://de.wikipedia.org/wiki/Deuteron Deuteron] ab und fängt dieses ein. Vorzugsweise absorbieren Erbium, Titan und andere schwerere Atome das Neutron, da das Proton vom positiv geladenen Kern abgestoßen wird (die sogenannte [https://en.wikipedia.org/wiki/Oppenheimer%E2%80%93Phillips_process Oppenheimer-Phillips-Reaktion]). Theoretisch ist es ebenso möglich, dass die Elektronenabschirmung das Einfangen des Protons ermöglicht und Erbium so in [https://de.wikipedia.org/wiki/Thulium Thulium] sowie Titan in [https://de.wikipedia.org/wiki/Vanadium Vanadium] umgewandelt wird, auch wenn dies noch nicht beobachtet worden ist. Beide Arten von Strippingreaktionen würden zur Erzeugung nutzbarer Energie führen.

<div style="margin: 0.5em 0 1.0em 2.5em; color: #f8471b; font-weight: 800; font-size: 1.25em; line-height: 1.25em;"><span style="font-size: 1.667em;">»</span> <br>Wie es aussieht, steht diesen Ansätzen, <br>die als „Heiße Fusion“ bezeichnet werden, <br>nach Investitionen in Milliardenhöhe und <br>einer jahrzehntelangen Forschung <br>noch ein langer Weg bevor.</div>

Um sicher zu sein, dass es in unseren Fläschchen mit dem Erbiumdeuterid und dem Titandeuterid tatsächlich zu Fusionsreaktionen kommt, haben wir die [https://en.wikipedia.org/wiki/Neutron_spectroscopy Neutronenspektroskopie] zum Einsatz gebracht. Mit diesem Instrument lassen sich [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutron Neutronen] nachweisen, die bei Fusionsreaktionen freigesetzt werden. Werden bei einer Deuteron-Deuteron-Fusion ein Helium-3-Kern und ein Neutron freigesetzt, dann weist dieses Neutron eine Energie von 2,45 [https://de.wikipedia.org/wiki/Elektronenvolt#Dezimale_Vielfache MeV] auf. Als wir also Neutronen mit einer Energie von 2,45 [https://de.wikipedia.org/wiki/Elektronenvolt#Dezimale_Vielfache MeV] nachweisen konnten, war für uns klar, dass es zu einer Fusion gekommen war. Daraufhin haben wir [https://journals.aps.org/prc/abstract/10.1103/PhysRevC.101.044610 unsere ersten Ergebnisse] in der [https://de.wikipedia.org/wiki/Physical_Review ''Physical Review''] ''C'' veröffentlicht.

Durch die Elektronenabschirmung kommt man zu dem ''Eindruck'', die Fusion der Deuteronen erfolge bei einer Temperatur von 11 Millionen °C. Doch in Wirklichkeit bleibt das Metallgitter um ein Vielfaches kühler, auch wenn es sich im Zuge der Fusion der Deuteronen im Vergleich zur Raumtemperatur leicht erwärmt.

<div style="margin: 1.5em 0 1em 1em;">[[Datei:Nasas-shortcut_abb15_640x480.jpg|frameless|640px|none|link=]]</div>
<div style="width:640px; font-size:0.85em; font-weight:bold; line-height:1.3em; margin:1em 0 1.5em 1em; text-align:left;">Rich Martin (links), ein Forschungsingenieur, und Bruce Steinetz, Hauptverantwortlicher für das Vorläuferexperiment des <abbr title="Lattice Confinement Fusion / Gittereinschlussfusion">LCF</abbr>-Projekts, untersuchen nach einem Durchlauf die Proben. (NASA)</div>

Insgesamt findet der Großteil der Erwärmung bei der <abbr title="Lattice Confinement Fusion / Gittereinschlussfusion">LCF</abbr> in Bereichen statt, deren Größe nur einige zig [https://de.wikipedia.org/wiki/Meter#%C2%B5m Mikrometer] beträgt. Im Vergleich zu [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusionsreaktor Fusionsreaktoren] mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Fusion_mittels_magnetischen_Einschlusses magnetischem] oder [https://de.wikipedia.org/wiki/Tr%C3%A4gheitsfusion Trägheitseinschluss], bei denen die gesamte Brennstoffmenge auf sehr hohe Temperaturen gebracht werden muss, geschieht dies bei der <abbr title="Lattice Confinement Fusion / Gittereinschlussfusion">LCF</abbr> auf sehr viel effizientere Weise. Bei der <abbr title="Lattice Confinement Fusion / Gittereinschlussfusion">LCF</abbr> handelt es sich nicht um eine Form der Kalten Fusion – auch hier werden energiereiche [https://de.wikipedia.org/wiki/Deuteron Deuteronen] benötigt, die mit Hilfe von [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutron Neutronen] weiter aufgeheizt werden können. Allerdings werden mit der <abbr title="Lattice Confinement Fusion / Gittereinschlussfusion">LCF</abbr> auch viele jener technologischen und technischen Hindernisse aus dem Weg geräumt, die den Erfolg anderer Fusionsverfahren bisher verhindert haben.

Auch wenn es sich bei der von uns verwendeten Neutronenrückstoßtechnik um die effizienteste Methode handelt, die zur Übertragung von Energie auf kalte Deuteronen zur Verfügung steht, stellt die Erzeugung von Neutronen mittels eines [https://de.wikipedia.org/wiki/Dynamitron Dynamitrons] doch eine sehr energieintensive Vorgehensweise dar. Zur Auslösung der Reaktionen stehen noch andere, weniger energieintensive Verfahren der Neutronenproduktion zur Verfügung, beispielsweise die Verwendung einer isotopischen Neutronenquelle wie [https://de.wikipedia.org/wiki/Americium Americium]-[https://de.wikipedia.org/wiki/Beryllium Beryllium] oder [https://de.wikipedia.org/wiki/Californium Californium]-[https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Isotope/Ordnungszahl_91_bis_Ordnungszahl_100#98_Californium 252]. Zudem muss die Reaktion selbsterhaltend gestaltet werden, was durch die Verwendung von [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutronenreflektor Neutronenreflektoren] erreicht werden kann, durch die die Neutronen in das Gitter zurückgeworfen werden – zu den gängigen Neutronenreflektoren gehören Kohlenstoff und Beryllium. Eine andere Möglichkeit besteht in der Kopplung einer Fusionsneutronenquelle mit einem Spaltbrennstoff, um so die Vorzüge beider Welten zu nutzen. Gleichwohl bedarf es einer weiteren Entwicklung dieses Verfahrens, um die Effizienz der [https://en.wikipedia.org/wiki/Lattice_confinement_fusion Kernreaktionen auf der Basis des Gittereinschlusses] zu erhöhen.

Wir konnten Kernreaktionen auch dadurch auslösen, dass [https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0360319920333462?via%3Dihub Deuteriumgas durch die dünne Wand eines Rohres aus einer Palladium-Silber-Legierung gepumpt] wurde, sowie durch die [https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1572665721000503?via%3Dihub elektrolytische Beladung von Palladium mit Deuterium]. Mit letzterem Experiment konnten wir [https://de.wikipedia.org/wiki/Kernspaltung#Schnelle_Neutronen schnelle Neutronen] nachweisen. Beim elektrolytischen Aufbau kommt nunmehr dasselbe neutronenspektroskopische Nachweisverfahren zum Einsatz, das bereits erwähnt wurde und mit dessen Hilfe die Energie dieser Neutronen gemessen wird. Die gemessenen Energiewerte werden Aufschluss darüber geben, durch welche Art von Kernreaktion die Neutronen entstehen.

Mit diesen Bemühungen stehen wir nicht allein. Forscher vom [https://de.wikipedia.org/wiki/Lawrence_Berkeley_National_Laboratory Lawrence Berkeley National Laboratory] in Kalifornien haben mit finanzieller Unterstützung von [https://research.google Google Research] [https://aip.scitation.org/doi/10.1063/1.5109445 positive Ergebnisse] mit einem vergleichbaren elektronenabschirmenden Fusionsaufbau erzielt. Auch Forscher vom U. S. [https://en.wikipedia.org/wiki/Indian_Head_Naval_Surface_Warfare_Center Naval Surface Warfare Center, Indian Head Division], in Maryland haben mit einem elektrochemischen <abbr title="Lattice Confinement Fusion / Gittereinschlussfusion">LCF</abbr>-Ansatz [https://arpa-e.energy.gov/sites/default/files/2021LENR_workshop_Barham.pdf vielversprechende erste Resultate] erzielt. Weitere Konferenzen stehen an: So die Konferenz der [https://de.wikipedia.org/wiki/American_Nuclear_Society American Nuclear Society] zum Thema „Nuclear and Emerging Technologies for Space“ im Mai in Cleveland sowie die [https://www.iccf24.org International Conference on Cold Fusion 24] im Juli in Mountain View, Kalifornien, die sich mit Festkörperenergie befassen wird.

Eine jede praktische Anwendung der <abbr title="Lattice Confinement Fusion / Gittereinschlussfusion">LCF</abbr> setzt effiziente, selbsterhaltende Reaktionen voraus. Unsere Arbeit stellt nur den ersten Schritt bei der Verwirklichung dieses Zieles dar. Wenn es gelingt, zu einer erheblichen Steigerung der Reaktionsraten zu kommen, könnte die <abbr title="Lattice Confinement Fusion / Gittereinschlussfusion">LCF</abbr> eine ganz neue Tür zur Erzeugung sauberer Kernenergie öffnen – und das sowohl für die Weltraummissionen als auch für die vielen Menschen hier auf der Erde, die diese Energie nutzen könnten.

== Über die Autoren ==

<br>
'''Bayarbadrakh Baramsai''' ist Systemingenieur am [https://de.wikipedia.org/wiki/Glenn_Research_Center NASA Glenn Research Center] und am Projekt zur Gittereinschlussfusion beteiligt.

'''Theresa Benyo''' ist Physikerin und leitende Forscherin beim Projekt zur Gittereinschlussfusion am [https://de.wikipedia.org/wiki/Glenn_Research_Center NASA Glenn Research Center].

'''Lawrence Forsley''' ist stellvertretender Forschungsleiter des NASA-Projekts zur Gittereinschlussfusion, das im [https://de.wikipedia.org/wiki/Glenn_Research_Center NASA Glenn Research Center] angesiedelt ist.

'''Bruce Steinetz''' ist ein leitender Technologe am [https://de.wikipedia.org/wiki/Glenn_Research_Center NASA Glenn Research Center] und am Projekt zur Gittereinschlussfusion beteiligt.

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