Nullpunktsenergie: Unbegrenzte Möglichkeiten

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Medium – The Infinite Universe
Zero-Point Energy: Infinite Possibilities
A. S. Deller
09. Februar 2022

Die Nullpunktsenergie könnte der Schlüssel zur Bewahrung einer Zukunft für die Menschheit sein.

(Nullpunktsenergie, NPE / Zero-Point Energy, ZPE)

Die Menschheit wird für alle Zeiten auf Energie angewiesen sein, will sie sich als Spezies weiterentwickeln. Seit Anbeginn der Zeit haben wir uns das Feuer zunutze gemacht, um Raubtiere abzuwehren und die Nahrungsmittel zu garen, um so unsere Nährstoffzufuhr zu steigern. Dazu benötigten wir Brennmaterial – zunächst Gestrüpp und Holz, später dann Kohle und Öl. Mit der Entwicklung fortschrittlicherer chemischer Brennstoffe und schließlich mit der Einführung der Atomenergie haben wir Schritte unternommen, die uns bis an die Schwelle zum Kosmos geführt haben.

Es brauchte Jahrhunderte, um den Schaden zu erkennen und schließlich auch zu verstehen, der sich für unsere Umwelt aus der Nutzung bestimmter Energiequellen ergibt. Heutzutage, da sich einige dieser Schäden in Gestalt schädlicher Chemikalien in der Erdatmosphäre, in Form des Abbaus der Ozonschicht sowie anhand weiterer Indikatoren messen lassen, werden konzertierte Anstrengungen unternommen, um alternative Energiequellen wie etwa die Sonnenenergie, die geothermische Energie und die Windenergie zu erschließen:

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U.S. Energy Information Administration

Neben der Kalten Fusion existiert noch eine Reihe weiterer in Frage kommender alternativer Energiequellen, deren Nutzbarkeit möglicherweise nie bewiesen oder gar realisiert werden kann. Eine dieser Quellen ist die Nullpunktsenergie. Dabei handelt es sich um ein Nebenprodukt der Quantenwelt, in der sich subatomare Teilchen wie Wellen verhalten, welche sich ständig zwischen verschiedenen Energiezuständen hin- und herbewegen, anders als es bei Einzelteilchen der Fall ist. Diese Fluktuationen erfordern Energie – und zwar eine riesige Menge davon, und diese ist auch überall vorhanden. Der Begriff „Nullpunkt“ steht dabei für die Tatsache, dass diese Energie zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort vorhanden ist, sogar bei Temperaturen im Bereich des absoluten Nullpunkts. Die NPE besitzt praktisch keinerlei Grenzen. Es handelt sich hier um einen dieser hypothetischen Heiligen Grale.

Da es sich bei der NPE um etwas handelt, was von vielen als „Randbereich“ angesehen wird, ist das Thema heiß umstritten. Die Physiker Richard Feynman und John Wheeler haben einmal vorgerechnet, dass die Menge an NPE, die sich im Innenraum einer Glühbirne befindet, ausreichen könnte, um alle Ozeane der Erde zum Kochen zu bringen. Die Mathematik der Einsteinschen Allgemeinen Relativitätstheorie besagt jedoch, dass die NPE sehr schwach sein dürfte. Nach dem, was die Physik bisher in Erfahrung gebracht hat, scheint die NPE in der Tat eher gering zu sein. All das, was wir bislang über die Dunkle Energie, über den Casimir-Effekt und über die Expansion des Universums wissen, lässt darauf schließen, dass das Universum in der Tat „energiearm“ ist. Wenn das Vakuum nur so vor Energie strotzen würde, so dass selbst vergleichsweise kleine Raumvolumen die Kraft mehrerer Sonnen enthielten, sollte ein anderes physikalisches Verhalten zu beobachten sein.

Und dennoch existiert die Nullpunktsenergie: Zumindest handelt es sich um die niedrigstmögliche Energie, die in einem beliebigen System verbleibt. Die Frage besteht nun darin, ob ihr volles Potenzial tatsächlich dem entspricht, was von uns beobachtet werden kann, oder ob sie irgendwo im Verborgenen steckt – und für den Fall, dass dies zutrifft, ob sie erschlossen werden kann. An dieser Stelle kommt die harte Arbeit ganzer Generationen von Wissenschaftlern, Mathematikern, Forschern und glühenden Verfechtern des Fortschritts zur Geltung.

Steven Schear, ein Veteran im Bereich der Finanzkryptografie, gilt als Cypherpunk und hat den „Warrant Canary“ erfunden (der es Organisationen ermöglicht, der Öffentlichkeit auf legale, aber verdeckte Weise mitzuteilen, ob die US-Regierung Zugang zu ihren Daten hat, indem sie beispielsweise die verneinende Aussage verlautbart: „Das FBI war nicht hier“) und zählt zu den Erfindern des Street Performer Protocols, das Künstler dazu ermutigt, ihre Werke für die Öffentlichkeit freizugeben, indem sie ihr Publikum darum bitten, Geld für den Erhalt derartiger Werke zu spenden. Er hat in verschiedenen Organisationen im Bereich der Kryptowährungen gearbeitet und war einer der Gründer des Unternehmens First eCache, das digitale Inhaberzertifikate auf Goldbasis erstellt.

Schear war in Sachen Technologie schon immer in der ersten Reihe tätig. So war er schon frühzeitig an der Entwicklung des ersten 802.11-Standards (WiFi) beteiligt, war Mitbegründer von GNU Radio und hat den visionären Erfinder Alvin Marks bei dessen Konzepten zur Nutzung der Wind- und Solarenergie beraten. Es ist dieser Geist, der ihn zu seinen Erfahrungen auf dem Gebiet der Nullpunktsenergie geführt hat.

Niemand von uns sollte vergessen, dass es sich auch bei der Kernenergie einst um eine „Randwissenschaft“ gehandelt hat. Es bedurfte jahrzehntelanger harter Arbeit und der Aufopferung von Menschen wie Ernest Rutherford, Niels Bohr und Albert Einstein sowie der frühen Experimente von Marie Curie, um diese zu verstehen und nutzbar zu machen. Um die Nullpunktsenergie zu erschließen, braucht es ebenfalls ausreichend Zeit und Aufmerksamkeit, um deren wahren Ursprung zu ergründen.

Im Gespräch mit Steven Schear habe ich den Versuch unternommen, den aktuellen Stand der Forschung in Sachen NPE zu erfahren und darüber hinaus zu verstehen, welches Potenzial diese möglicherweise aufweist:


A. S. Deller (ASD): Worin besteht der Hintergrund Ihrer Forschung im Bereich der stochastischen Elektrodynamik und der NPE?

Steven Schear: Während meines Studiums der Astronomie und der Physik war ich von einigen der Annahmen fasziniert, auf denen die Quantenphysik beruht. Obwohl ich mich in beruflicher Hinsicht auf das Ingenieurwesen und die Unternehmensentwicklung konzentriert hatte, hielt ich mich über die Entwicklungen auf diesem Gebiet ständig auf dem Laufenden (soweit dies für einen Außenstehenden möglich war).

Zu meinen besonderen Interessen gehörte dabei das Vakuum. Im klassischen Sinne handelt es sich dabei einfach um leeren Raum, und man könnte davon ausgehen, dass dieser Vakuumzustand keinerlei Energie aufweist. Nach der Heisenbergschen Unschärferelation kann dies auf die extrem kleinen Dimensionen, um die es im Rahmen der Quantenmechanik geht, jedoch nicht zutreffen – tatsächlich ist die Situation hier wesentlich komplexer. In mehreren populärwissenschaftlichen Beiträgen hatte ich davon gelesen, dass es nach Einschätzung der Autoren durchaus möglich sein könnte, dem Vakuum Nutzenergie zu entziehen. Dies deckte sich mit einigen zentralen Handlungselementen aus dem Bereich der populären Science-Fiction (z. B. den Nullpunktmodulen, mit denen die Teleportationsgeräte in der Film- und Fernsehserie StarGate betrieben werden).

Die Gelegenheit, mich direkt mit der NPE zu beschäftigen, ergab sich 2009 durch einen Anruf bei Lee Katzman vom Start-up Jovion. Mit einem kleinen Team aus Wissenschaftlern und Ingenieuren hatten sie den Versuch unternommen, die Konstruktion von Casimir-Hohlräumen dahingehend zu modifizieren, dass die theoretische Möglichkeit einer NPE-Extraktion nachgewiesen werden kann. Lee war auf der Suche nach jemandem mit interdisziplinärer Erfahrung in den Bereichen Wirtschaft und Physik, der sich um die Geschäftsentwicklung kümmern sollte. Er stellte mich Bernard Haisch, ihrem Chief Science Officer, und Garret Moddel, ihrem Chief Technology Officer, vor. Sie erklärten mir, dass die Stochastische Elektrodynamik (SED) den theoretischen Rahmen für diese Technologie von Jovion bildet.

Ich machte mich mit den verschiedenen Spielarten der SED vertraut, mit einigen ihrer wichtigsten Forscher, sowie mit Argumenten, die für und gegen die SED sprachen (hauptsächlich mit jenen, die aus den Reihen der Mainstream-Physiker vorgebracht wurden), und trug sogar zur entsprechenden SED-Webseite auf Wikipedia bei. Im Besonderen habe ich mich mit der Geschichte der Forschung zur Nullpunktsenergie (NPE) befasst.


ASD: Warum gelten die SED sowie weitere Konzepte, die hinter der NPE stehen, noch immer als Randerscheinungen?

Steven Schear: Ich denke, dafür gibt es zwei hauptsächliche Gründe – einen wissenschaftlichen und einen politischen.

Wenn Sie nach den theoretischen Grundlagen der SED Ausschau halten, werden Sie auf zahlreiche Abhandlungen stoßen, die von führenden Physikern in den gängigen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden (z. B. Boyer, Cetto, França und sogar Puthoff). Damals, in den 1970er, 80er und 90er Jahren, boten diese Arbeiten einen verständlichen Rahmen und verschafften der SED eine gewisse Aufmerksamkeit innerhalb der internationalen Gemeinde, behandelten aber nur einige wenige theoretische Aspekte. Bei komplexeren Systemen (mit Ausnahme des harmonischen Oszillators) sind sie jedoch gescheitert. Demgegenüber bietet die Quantenelektrodynamik, obwohl weit weniger intuitiv, eine weitaus größere Leistungsfähigkeit.

Zusätzlich zu den theoretischen Einwänden stellt auch die Wissenschaftspolitik eine Barriere für die Akzeptanz der SED dar.

Zum einen werden Forschungsbereiche, die keine Fördermittel einbringen und keine von Fachleuten begutachteten Veröffentlichungen liefern, von jenen Professoren, die sich um eine Festanstellung an großen Universitäten bemühen, weitgehend ignoriert. In einem solchen System werden von Wissenschaftlern Entscheidungen über andere Wissenschaftler gefällt. Genau wie eine Festanstellung bietet auch das Peer-Review-Verfahren Vorteile, die deutlich machen, warum es für die Ausübung einer soliden Wissenschaft gemeinhin als unverzichtbar angesehen wird.[1]

Abgesehen von wenigen Ausnahmen, sind die Personen, die Sie beurteilen, älter als Sie selbst und verfügen über einen größeren Einfluss. Das gilt für alle Stufen der Karriereleiter. Peer-Reviews entwickeln sich schnell zu einem Mechanismus, über den ältere Wissenschaftler den jüngeren die Richtung vorgeben können. So können ältere Wissenschaftler diejenigen, die für würdig befunden werden, mit einer glänzenden Karriere belohnen und diejenigen, die für unwürdig befunden werden, aus der Wissenschaftsgemeinde verbannen.[2]

Selbst etablierte Wissenschaftler können auf diese Weise zur Strecke gebracht werden. Julian Schwinger, der 1965 gemeinsam mit Tomonaga und Feynman den Nobelpreis für Quantenelektrodynamik (QED) verliehen bekam, hatte sich darum bemüht, seine theoretische Arbeit „Cold Fusion: A Hypothesis“ in der Zeitschrift Physical Review Letters zur Veröffentlichung zu bringen, wurde von den Gutachtern jedoch derart harsch abgelehnt, dass er sich zutiefst beleidigt fühlte und aus Protest aus der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft ausgetreten ist.[3] Dies bedeutete dann auch das Ende seiner akademischen Karriere.

Über zwei Jahrhunderte hinweg, und bis in die heutige Zeit, hat sich unser Verständnis von den Naturgesetzen rasant weiterentwickelt. Beginnend im späten achtzehnten Jahrhundert wurden seither in jedem Vierteljahrhundert immer wieder bedeutende Fortschritte in entscheidenden Fragen erzielt. Doch trotz aller Anstrengungen ist das, was wir heutzutage über diese Gesetze mit Sicherheit wissen, kaum mehr als das, was wir schon in den 1970er Jahren an Wissen besaßen. Selbst wenn man weiter als zweihundert Jahre zurückblickt, in eine Zeit, in der sich vor allem wohlhabende Amateure mit der Wissenschaft beschäftigten, findet sich nichts Vergleichbares.[4] Auf der technischen Seite hingegen gab es große Fortschritte, die nicht immer ganz so offensichtlich sind. Der Einsatz der Künstlichen Intelligenz, des Deep Learnings und von Big Data hat die experimentelle Seite in dramatischer Weise vorangetrieben.

Und schließlich habe ich eine Reihe von Physikern kennengelernt, die Aufsätze über die SED veröffentlicht haben. Auch sie berichten davon, dass diese Politik dazu geführt hat, dass es unmöglich geworden ist, Zuschüsse für ausführlichere theoretische oder experimentelle Arbeiten zu beschaffen. Einer von ihnen erklärte mir: „Das Problem bei der kontinuierlichen und nützlichen Gewinnung von ZPF-Energie (Zero Point Field) besteht darin, dass es vermutlich keine einzige belastbare Theorie gibt, nach der dies realisierbar oder auch nur möglich wäre. Wenn ich über eine fundierte Theorie verfügen würde, mit der sich das gesamte System, das zur Nutzung dieser Energie erforderlich ist, vorhersagen oder simulieren ließe, würde mich nichts mehr davon abhalten können, mein Gesicht zu zeigen – und wahrscheinlich würden mir viele Forscher folgen. Aber wenn wir lediglich über eine vage Hypothese verfügen, ist jede Forschung, die wir daran vornehmen, mit einem hohen Risiko verbunden, und eine Finanzierung oder Förderung wird schwierig zu erlangen sein …“ „Ich fühle den Druck, Aufsätze in Zeitschriften mit einem möglichst hohen Einflussfaktor zu veröffentlichen, auch wenn die Arbeit einfach nur Mist ist.“ „… was wir veröffentlichen, hängt also in starkem Maße davon ab, welche Politik hinter der Zusammenarbeit steht (ich meine damit, was man der Öffentlichkeit vermitteln will).“


ASD: Was erwarten Sie von den ersten disruptiven Jahren, in denen herkömmliche Produkte, die auf ZPF basieren, auf den Markt gebracht werden?

Steven Schear: Wie rasant und wie tiefgreifend der Umbruch erfolgen wird, hängt zumindest teilweise von der Leistungsfähigkeit der NPE ab. Auch dann, wenn die Leistungsdaten geringfügig unter denen der derzeit verfügbaren Lithiumionen-Technologie liegen sollten, wird diese Technologie schon bald zum Einsatz kommen: integriert auf einem Chip oder in einem Gehäuse zusammen mit digitalen Schaltkreisen, um so den Einsatz von Batterien in verschiedenen mobilen Geräten, in medizinischen Implantaten, in Niedrigenergiesensoren oder auch in Lampen, die ohne externe Energiequelle auskommen müssen, überflüssig zu machen.

Sollte die Energiedichte und die wirtschaftliche Skalierbarkeit auch nur ein Zehntel der mit Flüssigbrennstoff betriebenen Generatoren erreichen, eröffnen sich unzählige Anwendungsmöglichkeiten, selbst wenn diese gegenüber einem vollständigen Ersatz der Primärenergiequellen noch eher bescheiden ausfallen.

Die Grüne Energie sowie verbesserte Spaltungs- und Fusionslösungen wetteifern darum, das Erdöl als Primärenergiequelle abzulösen. Wie sich gezeigt hat, sind die hierfür erforderlichen Investitionen und technologischen Fortschritte gewaltig, und die Zeiträume erstrecken sich über Generationen.

In den Jahren vor 1900 stieg die Pro-Kopf-Energie durch den Einsatz von Kohle nicht allzu stark an: von 20 Gigajoule im Jahr 1820 auf nur etwa 27 Gigajoule im Jahr 1900, was darauf hindeutet, dass die frühe Nutzung von Kohle hauptsächlich zur Kompensation anderer Brennstoffe diente und die Gründung größerer Familien ermöglichte.[5]

Als die Welt den Übergang von den Biobrennstoffen und der Kohle hin zum Erdöl (und zum Erdgas) vollzog, führte dies letztendlich zu sehr viel sichereren und effizienteren Heiz- und Stromerzeugungsprodukten, die wesentlich preiswerter, dazu noch tragbarer (oder zumindest praktisch transportabel), verbraucherfreundlich und einfacher zu betreiben waren als es der Kohlendampf war. Die Bandbreite an Anwendungen und die Akzeptanz waren viel größer, und so stieg der durchschnittliche Energieverbrauch in der Gesellschaft von 35 Gigajoule im Jahr 1940 auf heutige 70 Gigajoule an (dies schließt Biokraftstoffe, Kohle, Erdöl und Erdgas ein)[6].

Es existiert da eine weit verbreitete Vorstellung von der Beschleunigung des technologischen Fortschritts, die meines Erachtens irrig ist und erklärt, warum der Übergang von einem System, welches hauptsächlich auf der Umwandlung fossiler Brennstoffe beruht, zu einem neuen System, das sich in erster Linie auf nichtfossile Energien stützt, problematischer sein wird als gemeinhin angenommen. Es ist wenig überraschend, dass die Vorstellung einer allgemeinen Beschleunigung der technologischen Innovation vorwiegend durch die Fortschreibung signifikanter Fortschritte bei den Computerkapazitäten angetrieben wird. Das bedeutet, dass man das Mooresche Gesetz von der Computertechnik auf die Energietechnik übertragen hat. Zwei der populärsten Verfechter dieser Logik sind Ray Kurzweil und Al Gore.

Der beste Weg, das Potenzial der NPE im Hinblick auf eine Nutzung in großem Maßstab zu beurteilen, besteht darin, sich auf die beiden vielversprechendsten neuen Energieumwandlungen zu konzentrieren: die Stromerzeugung durch Windkraft und jene durch Photovoltaik.

Der erste moderne Windpark von großem Ausmaß, Altamont Pass in Kalifornien, wies 1986 eine durchschnittliche Turbinenleistung von 94 kW auf, wobei deren größte Anlagen jeweils 330 kW erreichten. Fast 20 Jahre später leistete die größte Turbine der Welt 6 MW, und typische Neuinstallationen lagen bei 1 MW. Das bedeutet, dass sich die durchschnittlichen Kapazitäten von Windturbinen alle 5,5 Jahre verdoppelt haben (innerhalb von zwei Jahrzehnten haben sie sich etwa verzehnfacht) und dass sich die größten Kapazitäten alle 4,4 Jahre verdoppelt haben (innerhalb von zwei Jahrzehnten haben sie sich um den Faktor 18 gesteigert). Dennoch liegen diese höchsten Kapazitäten um zwei Größenordnungen unter den durchschnittlichen Kapazitäten von Dampfturbinen. Seit Ende der 1980er Jahre sind die höchsten Umwandlungswirkungsgrade von Windturbinen praktisch unverändert geblieben (bei etwa 35 %), und weder diese noch die Höchstkapazitäten werden sich in den nächsten 10 bis 20 Jahren mehrmals in Folge verdoppeln.

Angesichts der vergleichsweise einheitlichen globalen Energiekosten im Verhältnis zum jeweiligen Pro-Kopf-Einkommen könnte sich die NPE, wenn sie denn zu einer bedeutenden Energiequelle aufsteigt, am schnellsten und am tiefgreifendsten in den Entwicklungsländern durchsetzen.


ASD: Wie sehen Sie die Perspektive für eine Gesellschaft auf Basis der NPE?

Steven Schear: Ganz gleich, ob es um das Wohnen, die Produktion, die Landwirtschaft, die Beleuchtung, das Kochen oder um die Beibehaltung des Komforts geht, nahezu alle wirtschaftlichen Entscheidungen haben auf direkte oder indirekte Weise mit Energie zu tun: Geopolitische Macht beruht meist auf der Kontrolle des Zugangs zu Energie, und diese war schon immer ein Grund für Kriege.

In seinem Buch „Radical Abundance“ (Radikaler Überfluss) konstatiert K. Eric Drexler die gänzlich unvorstellbaren Auswirkungen, die die umfassende Verfügbarkeit einer atomar präzisen Fertigung (Atomically Precise Manufacturing, APM) hätte. APM ist eine neue Art der Fertigung, eine additive Fertigung von unten nach oben, beruhend auf Modellen von lebenden Systemen[7].

Wahrscheinlich werden Fragen der Kosten, der Energiedichte, der Skalierung und der Zuverlässigkeit über den Einsatz der NPE entscheiden. Unter der Voraussetzung, dass diese sehr breit aufgestellt sein wird, und dass sich ihre Leistungswerte zumindest mit denen von Wind- und Solarenergie vergleichen lassen, könnte die Weltbevölkerung nicht nur auf eine kohlenstoffneutrale Art und Weise leben, sondern auch (in Verbindung mit APM) auf natürliche Weise unabhängig von jeder traditionellen Lieferkette agieren. Dies wiederum würde die Gesellschaft, die Wirtschaft und das Machtgleichgewicht zwischen Menschen und Regierungen völlig neu ordnen.


ASD: Wann wird die NPE Ihrer Meinung nach zum Durchbruch gelangen, und welche Voraussetzungen müssen dafür noch gegeben sein?

Steven Schear: Voraussichtlich im Laufe der nächsten 20 Jahre – oder vielleicht auch nie.

In der Physik vollzieht sich der Fortschritt normalerweise in der Reihenfolge: theoretische Vorhersage ➔ experimentelle Bestätigung. Sollte eine ZPF-Extraktion tatsächlich realisierbar sein, würden die meisten Physiker es allerdings bevorzugen, dafür zunächst die theoretischen Grundlagen zu schaffen und erst dann mit den Experimenten zu beginnen, denn auf diese Weise wissen sie dann genau, wonach sie suchen müssen. Es gibt jedoch auch die andere Möglichkeit (die vielleicht schon eingetreten ist): Jemand beobachtet einen offensichtlichen Energieüberschuss, dieser kann erfolgreich nachgebildet werden, und anschließend wird versucht, diesen zu verstehen und eine Theorie zu entwickeln. Doch Bestätigungen sind meist kostspielig und oft braucht es Jahre, um die Probleme zu beseitigen, die sich aus der Versuchsplanung und -durchführung ergeben.

Einem NPE-Forscher zufolge „… gibt es keinen ausreichenden theoretischen Hintergrund … obwohl es sich bei der SED um eine unvollständige und unbewiesene Theorie handelt, liegen auf diesem Gebiet zahlreiche theoretische Arbeiten vor. (Vielmehr zur) Energieextraktion aus dem ZPF gemäß der SED. Soweit ich weiß, existiert hierzu keine fundierte theoretische Arbeit.“ „(Es gilt) herauszufinden, ob eine Möglichkeit besteht, aus dem ZPF Energie zu extrahieren, ohne fundamentale und allgemein anerkannte physikalische Prinzipien zu verletzen, wie etwa die Thermodynamik.“


ASD: Welches Verfahren bietet Ihrer Meinung nach die größten Chancen für eine Gewinnung von NPE?

Steven Schear: Derzeit favorisiere ich immer noch Lösungen, die auf der SED basieren.

In einem kürzlich erschienenen Artikel wurden die führenden direkten (also nicht etwa der katalytischen oder energieverstärkenden chemischen oder nuklearen) Technologien zur NPE-Gewinnung untersucht.[8] Demzufolge konnte keiner der Lösungsansätze verlässlich bestätigt werden, und dennoch bleiben diese weitgehend unangefochten. Präsentiert wurden die zugrundeliegenden thermodynamischen Prinzipien des Gleichgewichts, der detaillierten Ausgewogenheit sowie die Erhaltungssätze für die Gewinnung von Nullpunktsenergie. Die vorgeschlagenen Verfahren wurden in drei Klassen eingeteilt: nichtlineare Aufbereitung des Nullpunktfeldes, mechanische Extraktion unter Nutzung von Casimir-Hohlräumen und das Pumpen von Atomen durch die Casimir-Hohlräume. Die ersten beiden Ansätze verletzen nachweislich die Hauptsätze der Thermodynamik und scheinen daher nicht durchführbar zu sein, ganz gleich, wie innovativ die Ausführung ausfällt. Der dritte Ansatz, der von den Autoren verfolgt wird und auf der stochastischen Elektrodynamik beruht, scheint die Hauptsätze nicht zu verletzen, könnte jedoch auf andere Hindernisse stoßen. Die ersten experimentellen Ergebnisse fielen interessant aus, konnten aber angesichts der unter den Erwartungen gebliebenen Leistungsabgabe nicht überzeugen.


ASD: Wie denken Sie über einen möglichen NPE-Generator, über den NPE-Antrieb und die Raumfahrt sowie über die Auswirkungen der NPE auf die zentralen Probleme dieser Welt wie die Kohlendioxidemissionen, die Armut und die Bildung?

Steven Schear: Sobald sich dies wirtschaftlich rechnet, könnten Boden- oder sogar Lufttransporte ohne jegliches Nachtanken ebenso zur Realität werden wie weit voneinander entfernte Wohnhäuser, die vom Stromnetz unabhängig sind. Die wirtschaftlichen Aspekte des Transports von Rohstoffen und Produkten zu Wasser, zu Lande und in der Luft könnten einer grundlegenden Revision unterliegen. Aus der Netzunabhängigkeit könnte eine „Wirtschaftsunabhängigkeit“ erwachsen.

In den Entwicklungsländern sind die Energiekosten von großer Bedeutung. So sind beispielsweise für die Landwirte die Kosten der erdölbasierten Brennstoffe und Düngemittel von grundlegender Bedeutung. Für die Stadtbewohner sind es die Stromkosten, die mit denen in den Industrieländern vergleichbar sind und deshalb angesichts der viel niedrigeren Löhne eine enorme Belastung darstellen.

Eine nahezu vollständige Umstellung auf eine NPE-basierte Energieversorgung würde die meisten der durch Menschen verursachten Kohlenstoffemissionen eliminieren, ausgenommen vielleicht die der Landwirtschaft und der Rodung von Wäldern. Auf diese Weise könnten viele Aspekte aktueller Modelle, mit denen der vom Menschen verursachte Klimawandel prognostiziert wird, zum ersten Mal objektiv überprüft werden (es ist nicht möglich, diese Theorien mit der „wissenschaftlichen Methode“ zu überprüfen, da dies reproduzierbare Experimente erfordert, die auf nahezu identischen Ausgangsbedingungen basieren).

Sobald die NPE technisch ausgereift ist, könnte sie die primären Stromerzeugungsanlagen der Energieversorgungsunternehmen ablösen, die Entwicklung weitaus kostengünstigerer orbitaler als auch interplanetarer Raumtransporte ermöglichen und sogar interstellare Raumfahrzeuge möglich machen, die mit einem Viertel bis zur Hälfte der Lichtgeschwindigkeit unterwegs sind.


ASD: Wie können sich Menschen und Organisationen noch stärker einbringen, um die NPE Realität werden zu lassen?

Steven Schear: Da die NPE noch keinen Beweis erfahren hat, scheint einer der effektivsten Wege darin zu bestehen, das Glücksspiel zu nutzen, genauer gesagt die Prognosemärkte (PM). Im Gegensatz zu normalen Terminmärkten und Sportwetten haben Prognosemärkte den Vorteil, implizit zur Förderung von bestimmten Ergebnissen genutzt werden zu können.

Robin Hanson, dem die Einführung dieses modernen Glücksspielkonzeptes zugeschrieben wird, beschrieb bereits 1990, wie durch PMs die Forschung und Entwicklung gefördert werden kann, die andernfalls wahrscheinlich keine staatlichen oder privaten Stiftungsgelder erhalten würde. Im Jahr 2006 hat Tom Bell dies noch erweitert. Erst mit dem Aufkommen von Kryptowährungen, die regulatorische Beschränkungen umgehen können, sind PMs (z. B. Gnosis) verfügbar geworden.

Bemerkenswert ist die Augur-Übernahme des DAI-Stablecoins, und zwar im Gegensatz zu ihrer eigenen Ethereum-basierten Kryptowährung, um eine Isolierung von schnellen oder signifikanten Preisschwankungen der zugrunde liegenden Währung zu gewährleisten. Besonders wichtig ist dies für langfristige Vorhersagen, wie sie in der Wissenschaft üblich sind, um so zu verhindern, dass Preisänderungen den Gesamtwert der Auszahlungen beeinträchtigen.

Fazit

Schear führt dann weiter aus, dass Prognosemärkte in der Tat einen gangbaren Weg darstellen, die Benutzerführung aber immer noch recht komplex ist und eine kontinuierliche Weiterentwicklung erfordert, bevor diese zu etwas so instinktivem und leicht verständlichem werden kann, wie es Sportwettanwendungen sind. Er ist davon überzeugt, dass eine breite Nutzung möglich sein wird, da derzeit intensiv daran gearbeitet wird, diesen Punkt zu erreichen.

Letztendlich ist es der Geist, der hinter den Prognosemärkten steht, welcher die treibende Kraft bilden könnte, um die Nutzung der NPE Wirklichkeit werden zu lassen. Das Streben nach der Verwirklichung von Träumen stand schon hinter vielen der größten Errungenschaften der Menschheit – von der Überquerung der Ozeane über die Luftfahrt bis hin zur Landung von Astronauten auf dem Mond. Wahrscheinlich werden es dieselben Träume sein, die uns auch den Mars besiedeln lassen werden, und hoffentlich werden wir auch damit beginnen, einen Großteil der Schäden zu beseitigen, die wir auf der Erde angerichtet haben. Die Nullpunktsenergie stellt einen dieser Träume dar, der uns den Weg zu einem Menschen ebnen könnte, der wir hoffentlich eines Tages sein werden: Ein wahrer Hüter unseres Heimatplaneten und unseres eigenen Schicksals.


Steven Schear ist zu erreichen unter:

schear.steve@gmail.com

sowie über Twitter:

Steve Schear (https://twitter.com/p01ndexter)

Quellenangaben

  1. Lee Smolin, „The Trouble With Physics: The Rise of String Theory, the Fall of a Science, and What Comes Next“, 2006.
  2. ebd.
  3. Jagdish Mehra; K. A. Milton; Julian Seymour Schwinger (2000), Oxford University Press (ed.), Climbing the Mountain: The Scientific Biography of Julian Schwinger (illustrated ed.), New York: Oxford University Press, p. 550, ISBN 978-0-19-850658-4, Also Close 1992, pp. 197-198.
  4. ebd.
  5. ourfiniteworld.com/2012/03/12/world-energy-consumption-since-1820-in-charts
  6. ebd.
  7. K. Eric Drexler, Radical Abundance: How a Revolution in Nanotechnology Will Change Civilization, 2013
  8. Moddel, G., & Dmitriyeva, O. (2019). Extraction of Zero-Point Energy from the Vacuum: Assessment of Stochastic Electrodynamics-Based Approach as Compared to Other Methods. Atoms, 7(2), 51. doi:10.3390/atoms7020051