Kann LENR die Welt verändern?

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Journal of Condensed Matter Nuclear Science

Journal of Condensed Matter Nuclear Science 33 (August 2020) 314-322, © 2020 ISCMNS
Could LENR Change the World?
Jacques Ruer, SFSNMC, France
jsr.ruer@orange.fr

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Zusammenfassung

Der Gesamtenergieverbrauch der Welt entspricht 13 865 Millionen Tonnen Öl (2018). Dabei werden einundachtzig Prozent der Energie aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Jährlich werden bei der Energieerzeugung 34 Gt CO2 in die Umwelt freigesetzt, was den Klimawandel verursacht. Dieser Artikel betrachtet ein mögliches Szenario mit LENR-Energiequellen zur Erzeugung umweltverträglicher Energie. Dieses basiert auf der Annahme, dass die neue Energie durch stationäre Reaktoren zur Erzeugung von Metall-Wasserstoff-Energie (Metal Hydrogen Energy - MHE) gewonnen wird, welche Wärme verschiedener Temperaturniveaus (100 – 200 – 350 °C) liefern, je nachdem, wie sich die Technologie im Laufe der Jahre entwickelt. Die potenzielle Verbreitung der LENR-Energie wird unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Umwandlungswege zwischen den Primärenergiequellen und den industriellen und privaten Endverbrauchern analysiert. Hierbei wird davon ausgegangen, dass MHE all jene konventionellen Quellen mit einem ähnlichen Temperaturniveau ersetzen wird.

  • Quellen der 100 °C-Klasse können zum Beheizen verwendet werden. Der entsprechende Markt beträgt 700 Mtoe.
  • Quellen der 200 °C-Klasse können alle industriellen Prozesse mit Dampf versorgen. Markt: 500 Mtoe.
  • Reaktoren der 350 °C-Klasse können in umgerüsteten Kraftwerken Strom erzeugen. Markt: 5200 Mtoe.

Wird durch solche MHE-Reaktoren preiswerter Strom erzeugt, erübrigt sich eine weitere Erhöhung der Betriebstemperatur. Wasserstoff kann durch die Elektrolyse von Wasser gewonnen werden. Künftige mobile Geräte werden mit Wasserstoff betrieben werden. Die Extraktion von CO2 aus der Atmosphäre unter Verwendung von Wasserstoff ermöglicht die Produktion von synthetischen Kraftstoffen zur Versorgung der Fahrzeug- und Flugzeugflotte derzeitiger Technologie. Dieses Szenario zeigt, dass LENR in Kombination mit erneuerbaren Energien letztendlich den Bedarf nach fossilen Kraftstoffen eliminieren kann.

1. Einführung

Die Menschheit verbraucht riesige Mengen an Energie, und 81 % der Gesamtmenge wird aus den fossilen Brennstoffen Kohle, Erdöl und Erdgas gewonnen[1]. Diese Brennstoffe stoßen bei ihrer Verbrennung CO2 aus.

Abbildung 1 zeigt die globalen Emissionen zwischen 1870 und 2017[2]. Bei der Energieerzeugung wurden 34 Gt CO2 freigesetzt, was 83 % der insgesamt in diesem Jahr emittierten 41 Gt entspricht. Aus der Grafik geht außerdem hervor, dass die globalen Emissionen im Laufe der Jahre rasant angestiegen sind.

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Abbildung 1. Jährliche globale CO2-Emissionen – Andere: Zement und abgefackeltes Gas – die durch die Energieproduktion verursachten Emissionen belaufen sich auf 34 Gt CO2 mit einem Anteil von 83 % an der Gesamtemission.

Der Einfluss der Treibhausgase auf den Klimawandel ist inzwischen eindeutig nachgewiesen[3][4]. In vielen Ländern erfolgt derzeit der Ausbau kohlenstofffreier Energien wie Wind und Sonne. Leider müssen zur Erschließung dieser Energien im Umweltbereich umfangreiche Infrastrukturen geschaffen werden. Die dafür zur Verfügung stehenden Ressourcen schwanken von Tag zu Tag und von Jahr zu Jahr. In einem Stromnetz, das sich weitgehend auf erneuerbare Energien stützt, müssen Einrichtungen zur Energiespeicherung und Verfahren zur Handhabung der Verbrauchernachfrage zum Einsatz kommen. Im Vergleich zur heutigen Situation, in der die Kunden in uneingeschränkter Weise konsumieren können und die Stromerzeugung bestmöglich nachgeführt wird, stellt dies eine große Veränderung dar.

Auch die Kernenergie arbeitet kohlenstofffrei – allerdings beschränkt sich der Zugang zu dieser Technologie aufgrund hoher Sicherheitsstandards, der Bewältigung des Entsorgungsproblems und der Gefahr der Weiterverbreitung auf eine begrenzte Anzahl von Ländern.

Ein grundlegendes Problem besteht darin, dass die Länder, die große Mengen an Energie verbrauchen, sich von den Ländern unterscheiden, die reich an Energieressourcen sind. Dies gilt heute bereits für Öl und Gas, wird sich aber zukünftig in vergleichbarer Weise zeigen, wenn sich die Photovoltaik weltweit zu einem wesentlichen Energielieferanten entwickelt. Dieses Problem führt zu großen Ungleichheiten zwischen den verschiedenen Regionen und führt zu geopolitischen Spannungen und Unsicherheiten[5].

Unsere moderne Zivilisation würde ohne ungehinderten Zugang zu Energie nicht existieren können. Jedes Geschehen, das sich auf die Energiekosten auswirkt, wirkt als Risikofaktor in Richtung einer weltweiten Wirtschaftsrezession. Unsere Gesellschaften sind in hohem Maße auf Mobilität angewiesen und reagieren von daher sehr sensibel auf die Höhe der Transportkosten (See-, Land- und Lufttransport). Der Mangel an Flexibilität bei den Energiekosten macht es sehr schwierig, politische Anreize zur Senkung des Energieverbrauchs zu schaffen.

Im Gegensatz dazu verfügen 850 Millionen Menschen auf der ganzen Welt über keinen Zugang zu Elektrizität[5]. Der Energieverbrauch in den Entwicklungsländern wird in der Zukunft stark ansteigen.

Erfährt das globale Energiesystem nicht eine tiefgreifende Veränderung, wird es sich als sehr schwierig erweisen, den Ausstoß von Treibhausgasen zu beschränken.

LENR kann dazu beitragen, diese Situation auf sehr positive Weise zu verändern[6][7]. Zweck dieses Beitrages ist es, zu erörtern, welchen Einfluss die Entwicklung der bahnbrechenden Energiequellen von LENR auf die globale Energieproduktion, -umwandlung und -nutzung haben kann.

2. Der derzeitige globale Energieverbrauch

Der globale Energieverbrauch im Jahr 2018 betrug 580 × 1018 J[1]. Eine derart große Zahl ist schwer zu begreifen. Daher ist es allgemein gebräuchlich, die Energie als jene Ölmenge zu erfassen, die benötigt würde, um die gleiche Menge an Energie durch deren Verbrennung zu gewinnen. Diese Menge wird in metrischen Tonnen Öläquivalent (1 toe = 41,87 GJ) gemessen. Im vorliegenden Artikel wird diese praktikable Einheit verwendet. Der globale Verbrauch im Jahr 2018 entspricht 13865 × 106 toe oder 13 865 Mtoe. Da all diese Energie aus der Natur in vielfältigen Formen gewonnen wird (vom Öl und der Kohle über die Spaltung von Uran bis hin zu Wind und Sonnenlicht), bezeichnet man diese als Primärenergie[8].

Wie aus Tabelle 1[9] hervorgeht, setzen die verschiedenen Brennstoffe unterschiedliche Mengen CO2 frei.

Brennstoff CO2-Emissionen (kg CO2 / toe)
Braunkohle (Rheinland) 4773
Holz 4589
Steinkohle 3950
Erdöl 3069
Erdgas 2349
Tabelle 1. CO2-Emissionen unterschiedlicher Brennstoffe[9].

Im Allgemeinen können die Primärenergien nicht auf direkte Weise genutzt werden. Sie müssen erst in sekundäre Energiearten umgewandelt werden, welche einfacher zu handhaben sind. So wird beispielsweise Kohle in Kraftwerken zur Gewinnung von Elektrizität eingesetzt. Nach dem Transport und der Verteilung an die Endverbraucher werden die nutzbaren Energieformen als Endenergien bezeichnet. Diese Umwandlung bringt einige Verluste mit sich, so dass die Menge der Endenergie, die den Verbrauchern zur Verfügung steht, geringer ist als die eingesetzte Primärenergie. Abbildung 2 zeigt die Situation aus dem Jahr 2018. Der globale Verbrauch an Endenergie betrug 9700 Mtoe.

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Abbildung 2. Gegenwärtiges globales Energieflussdiagramm, in dem die wesentlichen Umwandlungspfade zwischen Primär- und Sekundärenergien dargestellt werden.

Für diesen Artikel werden in dieser Abbildung die Umwandlungsprozesse vorgestellt, die die Umwandlung der Primärenergien in Sekundärenergien ermöglichen. Beispielsweise wird Kohle über Dampfturbinen zur Stromerzeugung genutzt, und Raffinerien wandeln Rohöl in Kraftstoffe um, die für Autos oder Flugzeuge eingesetzt werden können. Die Pfeile weisen die wesentlichen Prozesspfade zur Umwandlung von Primärenergien in spezifische nutzbare Formen aus.

3. Die Einführung von LENR (MHE) als kommerzielle Energiequelle

3.1 Die LENR-Energiequellen

Mit LENR eröffnet sich theoretisch die Möglichkeit zur Erschließung von Energiequellen von bislang nicht gekanntem Ausmaß:

  • Die Energiequellen können in jeder Größe gebaut werden, auch als kleinere Geräte,
  • durch Bündelung vieler unabhängiger Reaktoren können Einheiten mit großer Leistung realisiert werden,
  • die Verbrauchsmaterialien sind von sehr geringer Größe, so dass ein Reaktor mit einer einzigen Ladung von aktiven Materialien über eine sehr lange Zeit laufen kann,
  • es wird keine Strahlung emittiert, so dass die Reaktoren von Haus aus sicher sind,
  • es entstehen keine Treibhausgase,
  • verschrottete Einheiten können leicht recycelt werden, da keine radioaktiven Abfälle enthalten sind.

Vorerst können LENR-Energiequellen nicht auf den Markt gebracht werden, weil es noch nicht möglich ist, die Reaktion auf eine kontrollierte Art und Weise auszulösen. Die exakten Eigenschaften, die erforderlich sind, um die Materialien zu aktivieren, sind noch nicht verstanden und werden noch nicht beherrscht. In jüngster Zeit sind Fortschritte erzielt worden, was darauf hindeutet, dass ein vollständiger Erfolg erreichbar ist[10]. Daher ist es jetzt an der Zeit, über die möglichen Anwendungen dieser neuen Energiequellen nachzudenken.

Im Folgenden betrachten wir einen bestimmten Typ eines LENR-Reaktors, der durch einfaches Erhitzen aktiviert wird. Die entsprechenden Reaktoren werden als MHE bezeichnet – Metall-Wasserstoff-Energie[10]. Die Reaktion erfolgt unter Verwendung von speziell aufbereiteten Nanopartikeln, die unterschiedliche Metalle (z. B. Ni + Cu oder Ni + Pd) enthalten und bei hoher Temperatur einer Atmosphäre aus Wasserstoffisotopen ausgesetzt werden. Sobald der Reaktor einmal heiss ist, fängt er an, Wärme zu erzeugen, und ist in der Lage, dies kontinuierlich über mehrere Wochen oder Monate zu tun. Ein früherer Aufsatz beschreibt den Betrieb und die Steuerung solcher Reaktoren[11].

3.2 Hypothesen zur Analyse

Jede vorausschauende Studie muss sich auf einige Annahmen stützen. In diesem Artikel betrachten wir den folgenden Satz an Hypothesen:

  1. Die MHE-Reaktoren erzeugen ausschließlich Wärme,
  2. die Wärmequalität wird durch ihr Temperaturniveau (Temperaturklasse) gekennzeichnet,
  3. die Herstellung von MHE erfolgt ausschließlich in stationären Anlagen,
  4. der Einsatz schreitet mit der Entwicklung der Technologie voran,
  5. wird die Technologie weiterentwickelt, erhöht sich die Temperatur bei der Wärmeproduktion,
  6. als Hypothese werden drei progressive Stufen angenommen:
    (a) 100 °C,
    (b) 200 °C,
    (c) 350 °C.

Dieses letzte Niveau reicht aus, um MHE-Wärme mit akzeptabler Carnot-Effizienz in Elektrizität umzuwandeln. Zum Vergleich: Kernreaktoren arbeiten ebenfalls bei 350 °C[12].

Weitere Hypothesen hätten ebenfalls in Betracht gezogen werden können, z. B. mobile Energiequellen oder Reaktoren mit wesentlich höheren Betriebstemperaturen. Diese hätten zu anderen Szenarien geführt, die sich von dem hier diskutierten ziemlich unterscheiden.

Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass die Kosten für MHE-Energie niedriger ausfallen werden als die für konventionelle Energie, so dass alle Marktsegmente, die durch eine bestimmte Klasse technisch erschlossen werden können, diese neue Energieart übernehmen werden. Eine Ausnahme besteht jedoch bei den erneuerbaren Energien, die weiter wachsen werden. In einigen spezifischen Fällen werden erneuerbare Energien die einfachste und kostengünstigste Lösung bleiben (z. B. die solare Warmwasserbereitung in Regionen mit einer hohen Sonneneinstrahlung). Auch aus politischen Gründen werden erneuerbare Energien weiterhin eine bestimmte Unterstützung erhalten.

Das Aufkommen von MHE-Energie kann einen tiefgreifenden Einfluss auf den globalen Energiemarkt haben. Die Revolution wird sich fortschreitend vollziehen. Es wird davon ausgegangen, dass die Anwendungen schrittweise erfolgen und der Temperaturklasse der von den MHE-Reaktoren gelieferten Wärme folgen werden.

Eine Analyse der Umwandlungsprozesse bei der Umwandlung von Primärenergie in Endenergie zeigt, welche Bereiche der Industrie nach und nach betroffen sein werden, wenn MHE-Reaktoren die erwarteten Temperaturniveaus erreichen.

Um die Analyse zu vereinfachen, wird davon ausgegangen, dass der Gesamtenergieverbrauch unter den verschiedenen Szenarien ein unveränderter ist. Es handelt sich hier um eine statische Analyse. Sie vereinfacht den Sachverhalt erheblich, da sich die Einführung von MHE in der Industrie über mehrere Jahre erstrecken wird, währenddessen der globale Verbrauch weiter steigen wird.

Es muss betont werden, dass diese Studie keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und dass alle nachfolgend genannten Mengen nur einen indikativen Wert darstellen. Ziel ist es, die Kühnheit dieses Umbruchs zu demonstrieren.

3.3 Die direkte Nutzung der MHE-Wärmequelle in der Industrie

In einem ersten Zwischenszenario wird MHE als Wärmequelle nur in denjenigen Prozessen eingeführt, die die Wärme auf direktem Wege nutzen. Eine weitere Nutzung von MHE-Energie, z. B. mittels erzeugter Elektrizität, ist hier nicht berücksichtigt, wird aber weiter unten diskutiert.

3.3.1 MHE der 100 °C-Klasse

Dies ist eine relativ niedrige Temperatur. Sie kann zur Raumheizung und in gewissem Umfang als Prozesswärme genutzt werden. Kleinere MHE-Heizgeräte können in Häusern und Gebäuden installiert werden, größere Heizgeräte für die Fernwärme. Gegenwärtig basieren solche Heizsysteme in hohem Maße auf der Verbrennung von Kohle, Erdöl, Erdgas und in begrenztem Umfang auch von Holz. Die Müllverbrennung speist Fernwärmeanlagen und dies wird auch weiterhin so sein, und Solarsysteme werden weiter ausgebaut.

Es wird davon ausgegangen, dass die von MHE erzeugte Gesamtwärme 700 Mtoe betragen wird, wodurch 300 Mtoe Kohle, 300 Mtoe Gas und 100 Mtoe Öl verdrängt werden.

3.3.2 MHE der 200 °C-Klasse

Dieses Temperaturniveau reicht aus, um die Kessel zu betreiben, mit denen der Dampf für viele Prozessindustrien wie die Papierindustrie, die Lebensmittelverarbeitung, die chemische Industrie und sonstige Prozesswärme erzeugt wird, in einigen Branchen auch für Dampfturbinen zur Erzeugung mechanischer Energie.

Es wird davon ausgegangen, dass 1200 Mtoe MHE für die Dampferzeugung eingesetzt werden, wodurch 500 Mtoe Kohle, 500 Mtoe Gas und 200 Mtoe Öl verdrängt werden.

3.3.3 MHE der 350 °C-Klasse

Wir gehen optimistischerweise davon aus, dass der gesamte Strom, der gegenwärtig in Kraftwerken unter Einsatz fossiler Brennstoffe erzeugt wird, vollständig durch MHE-Dampfturbinen erzeugt werden wird. Sollte sich diese Hypothese bewahrheiten, werden schrittweise sämtliche Kernkraftwerke und alle Gasturbinen ausgemustert. Die Erzeugung von elektrischem Strom macht einen Großteil des globalen Energieverbrauchs aus.

Es wird davon ausgegangen, dass mit der Inbetriebnahme von 5200 Mtoe MHE 2030 Mtoe Kohle, 1370 Mtoe Gas und 780 Mtoe Öl ersetzt werden.

MHE-Wärmeklasse [°C] Hauptmarktsegmente Kumulierte
MHE-Primärenergie [Mtoe]
Primärenergie der
fossilen Brennstoffe [Mtoe]
CO2-Emissionen
im Energiebereich [Gt]
Referenzwert 0 13 865 34
100 Gebäudeheizung,
Fernwärme
700 13 150
(-5 %)
31,9
(-6 %)
200 Heizungskessel,
dampfbetriebene Prozesse,
Papierfabriken,
Lebensmittelverarbeitung,
usw.
1900 11 950
(-13 %)
28,3
(-16,8 %)
350 Stromerzeugung 7100 6750
(-51 %)
15,2
(-55,3 %)
Tabelle 2. Einführung von MHE als Wärmequelle in der Industrie.

Tabelle 2 fasst die Ergebnisse dieser vorhergesagten Szenarien zusammen. Die Reduzierung der CO2-Emissionen fällt dabei stärker aus als jene durch Energieeinsparungen, da Kohle der erste Brennstoff sein wird, der aus dem Energiemix herausfällt.

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Abbildung 3. Zwischenzeitliches Szenario mit der Einführung von 7100 Mtoe MHE als Wärmequelle.

Abbildung 3 zeigt das globale Energieflussdiagramm nach der Einführung von 7100 Mtoe MHE. Der Anteil fossiler Brennstoffe an der Primärenergie sinkt auf 6750 Mtoe und somit auf 35 % des globalen Energieverbrauchs. Ihr Einsatz beschränkt sich auf Hochtemperatur-Verbrennungsprozesse, auf die Chemie sowie auf den Land- und Lufttransport.

Neben der Verbrennung werden ein Teil des Öls sowie ein Teil der Biomasse in chemischen Anlagen als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Kunststoffen, pharmazeutischen Produkten, Lebensmitteln usw. eingesetzt. Es ist davon auszugehen, dass diese Nutzungsarten durch MHE nicht beeinträchtigt werden.

Es wird davon ausgegangen, dass auch die erneuerbaren Energien durch den Trend zur Forcierung kohlenstofffreier Energien an Bedeutung gewinnen werden.

3.4 Der Einsatz von MHE zur vollständigen Umstellung des globalen Energieflussdiagramms

Folgt man der Hypothese niedriger MHE-Kosten, so ist eine Weiterentwicklung denkbar, bei der unter Verwendung von elektrischer Energie Wasserstoff mittels Elektrolyse von Wasser erzeugt wird. Wasserstoff kann als Energieträger sowohl für den Transport als auch für die Langzeitspeicherung von Energie genutzt werden[13].

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Abbildung 4. Verfahrensschema der Kraftstoffsynthese aus Wasser und atmosphärischem CO2.

Zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe kann H2 mit CO2 zur Reaktion gebracht werden, das der Atmosphäre entzogen wird, so wie es in Abbildung 4 dargestellt ist. Dabei werden diese Gase durch eine Reihe von chemischen Reaktionen und das Fischer-Tropsch-Verfahren[14] in flüssige oder gasförmige Kraftstoffe umgewandelt. Obwohl diese Technologie unter den heutigen vorherrschenden wirtschaftlichen Bedingungen nicht vertretbar ist, wird sie in Nischenanwendungen bereits untersucht und entwickelt[15][16].

Dann kann theoretisch ein definitives Szenario entwickelt werden, das ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe auskommt.

Die synthetischen Kraftstoffe können direkt durch die bereits vorhandenen Fahrzeug- und Flugzeugmotoren genutzt werden, ohne dass eine neue Technologie zum Einsatz kommen muss. Selbst die Verteilungsinfrastruktur der Kraftstoffe bliebe erhalten. Dies stellt einen deutlichen Vorteil gegenüber Wasserstoff dar, da dieser an Bord von Fahrzeugen nur schwierig zu speichern ist.

Abbildung 5 zeigt das Flussdiagramm so, wie es dem definitiven Szenario entspricht. Die Herstellung von Wasserstoff sowie von synthetischen Kraftstoffen ist nur unter Energieverlusten möglich. Diese Verluste müssen durch eine entsprechende Menge an MHE-Primärenergie gedeckt werden, so dass sich der weltweite Verbrauch an Primärenergie auf 23 250 Mtoe erhöht, wovon 19 900 Mtoe auf MHE und 2000 Mtoe auf Sonne und Wind entfallen.

Die Energiewende wird mit einer unmittelbaren Nutzung von Elektroenergie durch Fahrzeuge und elektrisch betriebene Industrieprozesse verbunden sein.

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Abbildung 5. Finales Szenario des globalen Energieflussdiagramms bei 100% Energie aus MHE und erneuerbaren Technologien.

Der Wasserstoff wird zum Teil direkt für chemische und metallurgische Prozesse sowie als Kraftstoff für einen kleinen Teil der Fahrzeugflotte verwendet werden.

4. Schlussfolgerungen

Der potenzielle Nutzen der MHE-Energie ist kaum zu überschauen. Es handelt sich um eine kompakte Energiequelle, die an jedem Ort und zu jeder Zeit verfügbar ist und einen äußerst positiven Einfluss auf den Klimawandel hat.

Geht man davon aus, dass bei der MHE-Reaktion Wasserstoff in Helium umgewandelt wird, so würde der jährliche Verbrauch von Wasserstoff zur Deckung des gesamten Energieverbrauchs der Menschheit theoretisch bei etwa 100 Tonnen liegen, welche mittels Elektrolyse aus 900 Tonnen Wasser gewonnen werden können, sofern als Ausgangsmaterial normaler Wasserstoff zum Einsatz kommt. Wird Deuterium benötigt, könnte es bei der Wasserstoffproduktion mittels Wasserelektrolyse als Nebenprodukt entnommen werden. Der Rohstoff ist praktisch unbegrenzt verfügbar.

Der Einzug dieser neuen Energie in den Bereich der Industrie wird einige Zeit beanspruchen, wobei der beschränkende Faktor in der Herstellung der Reaktoren und der Änderung der Infrastrukturen besteht. Der zu erwartende Entwicklungsverlauf wird wahrscheinlich dem aller bahnbrechenden Technologien gleichen:

  • Erste Anwendungen werden in Marktsegmenten des Primärmarktes realisiert, wo die neue Energie einen erheblichen Mehrwert erbringen wird.
  • Mit steigender installierter Gesamtleistung wird auch die Technologie weiterentwickelt. Neue Reaktoren werden konstruiert werden.
  • Die Betriebstemperatur wird gesteigert, was den Zugang zu neuen Märkten ermöglicht.

Die Erfahrung zeigt für die Energiewirtschaft, dass mit jeder Verdoppelung der kumulativen installierten Leistung einer bestimmten Technologie sich die Kosten für eine Neuinstallation um 20 % reduzieren. Abbildung 6 zeigt die Erfahrungskurven für verschiedene Energiearten[17]. Es ist davon auszugehen, dass die Entwicklung von MHE-Quellen einem ähnlichen Gesetz folgt.

Learning curves for power generation technologies
Total investment cost, 1999 EUR per kW, log scale
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Abbildung 6. Die Erfahrungskurven für verschiedene Technologiearten der Energieerzeugung.

Quelle: European Commission, Silvana Mima, POLES model, UPMF Grenoble. 2003. Dotted lines represent projections for costs after 2000 until 2030.

Referenzen

  1. 1,0 1,1 BP Statistical Review of World Energy, 68th Edition (2019).
  2. Le Quéré, Global Carbon Budget (2018), globalcarbonproject.org.
  3. IPCC Climate Change 2014, Synthesis Report Summary for Policymakers, ipcc.ch/site/assets/uploads/2018/02/AR5_SYR_FINAL_SPM.pdf.
  4. J. Butler, The NOAA Annual Greenhouse Gas Index (AGGI), Earth System Research Laboratory, Global Monitoring Division Website, 2019.
  5. 5,0 5,1 IEA, World Energy Outlook, 2019.
  6. Carl Page, Anthropocene Institute, PageC_NuclearSolution_2019ColloquiumMIT.pdf.
  7. Poponi, Daniele and Come Carpentier de Gourdon, Breakthrough energy technologies in the twenty-first century: economic and geopolitical implications, World Affairs: J. Int. Issues 17(2) (2013) 142-173.
  8. Primary and secondary energy, Wikipedia, en.wikipedia.org/wiki/Primary_energy.
  9. 9,0 9,1 Erneuerbare Energien und Klimaschutz, volker-quaschning.de.
  10. 10,0 10,1 A. Kitamura, Excess heat evolution from nanocomposite samples under exposure to hydrogen isotope gases, Int. J. Hydrogen Energy 43 (2018) 16187-16200.
  11. J. Ruer, Basic design considerations for industrial LENR reactors, J. Condensed Matter Nucl. Sci. 22 (2017) 7-26.
  12. Pressurized Water Reactor, Wikipedia, en.wikipedia.org/wiki/Pressurized_water_reactor.
  13. Shell hydrogen study, Energy of the future? (2017), shell.com.
  14. Fisher, Tropsch Process, Wikipedia, en.wikipedia.org/wiki/Fischer-Tropsch_process.
  15. Carbon Engineering, carbonengineering.com.
  16. Climeworks, climeworks.com/our-customers/energy-fuels-and-materials.
  17. Silvana Mima, European Commission, POLES model, 2003.