Kalte Fusion - Teil 3: Die kommerzielle Zukunft und Asien

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Asia Times
Cold fusion 3: Commercial future and Asia
Jonathan Tennenbaum
19. November 2019
Zum Originalartikel

Indien und China könnten zu Mitspielern werden, die Heizung zu einer ersten Anwendung

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Die ehemaligen Vorsitzenden der Atomenergiekommission M. Srinivasan (links) und P. K. Iyengar (verstorben 2011), Giganten der frühen indischen Forschung zur Kalten Fusion, bei einem Treffen im Jahr 2006.
Bild: AFP / Prakash Singh

Mit Sicherheit lässt sich behaupten, dass die Kalte Fusion, wenn sie denn in all ihren Implikationen konsequent vorangetrieben wird, das Potenzial besitzt, auf vielen Gebieten der Wissenschaft und Technik bahnbrechende Entwicklungen in Gang zu setzen. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Kalten Fusion nur um einen Vertreter einer viel breiteren Familie von Kernreaktionen – den Niederenergetischen Kernreaktionen (Low Energy Nuclear Reactions, LENR) – handelt, die sich in dichten Materialien ereignen und zu einer Energieerzeugung frei von gefährlicher Strahlung führen, welche mittels relativ einfacher, kompakter Geräte genutzt werden könnte.

Ausgehend von den Erkenntnissen der ICCF-22-Konferenz und der einschlägigen Forschungsliteratur – und unter Außerachtlassung verschiedener sensationeller, jedoch zweifelhafter Behauptungen, die nach wie vor für Verwirrung sorgen – ist damit zu rechnen, dass sich die ersten kommerziellen Anwendungen innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre herausbilden werden, und zwar im Bereich der Wärmeerzeugung im Temperaturbereich bis 200 °C.

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LENR-Experimente bei der Brillouin Energy Corporation, einer der führenden US-Firmen in Sachen kommerzieller Entwicklung von LENR-Technologie. Foto: mit freundlicher Genehmigung der Brillouin Energy Corp.

Erste Anwendungen könnten in der Beheizung von Räumen und Gebäuden bestehen – schon jetzt ein bedeutender Markt – sowie in der Erzeugung von Wärme für verschiedene industrielle Prozesse. Die Vorteile liegen in den geringen Platzanforderungen, dem Betrieb über lange Zeiträume – möglicherweise mehrere Jahre - ohne erneutes Nachtanken und der vollständigen Vermeidung von CO2-Emissionen. Selbst dort, wo sich ein Nachtanken als notwendig erweisen könnte, ist die Verfügbarkeit von Wasserstoff praktisch unbegrenzt und sein Preis niedrig.

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Schema zukünftiger LENR-basierter Heizsysteme, mit freundlicher Genehmigung von Brillouin Energy Corp.
Zum Vergrößern bitte anklicken.

Dabei gilt es zu bedenken, dass die Kalte Fusion bereits jetzt ihre Fähigkeit bewiesen hat, pro Gramm zugeführten Wasserstoffs hunderte Male mehr Energie freizusetzen als dies durch eine chemische Verbrennung erreicht werden könnte. Bei entsprechender Optimierung kann dieser Faktor auf das Zehntausendfache oder sogar Hunderttausendfache an Energie gesteigert werden.

Die Ergebnisse japanischer Forschungen zu den Materialien für die Reaktoren der Kalten Fusion deuten zudem darauf hin, dass diese recht preiswert hergestellt werden könnten. Diese zu erwartenden Vorteile beruhen auf den Annahmen, dass das Energieniveau der Wärmeerzeugung auf sichere Art und Weise reguliert werden kann und dass das Wirtsmaterial nicht allzu oft erneuert werden muss. An diesem Punkt sehe ich keinen Grund, nicht optimistisch zu sein.

Je höher die Temperatur und je größer die Leistungsdichte, die durch Reaktoren der Kalten Fusion bereitgestellt werden kann, desto breiter wird die Palette möglicher Anwendungen sein. In kompakter und tragbarer Form könnten sich die Geräte zur Kalten Fusion in Zukunft als geeignet erweisen, um beispielsweise Autos und Flugzeuge anzutreiben. Doch ich möchte hier keine weiteren Spekulationen anstellen.

Zum Stand in Asien

Derzeit scheint Japan die weltweit führende Nation auf dem Gebiet der Experimente zur Kalten Fusion und der diesbezüglichen Technologien zu sein, doch wie sieht es in den anderen asiatischen Ländern aus? Wo stehen Indien und China?

Aus den Diskussionen auf dem ICCF-22 habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Forschung zur Kalten Fusion in Indien heutzutage kaum noch stattfindet. Dies ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass der verstorbene P. K. Iyengar, der zu Zeiten, da Fleischmann und Pons ihr Experiment durchführten, einer der Väter des indischen Nuklearprogramms und der Direktor des Bhabha Atomic Research Centre (BARC) war, ein großer Befürworter der Forschung zur Kalten Fusion war.

Unter seiner Leitung wurden durch das BARC eine Reihe von wichtigen experimentellen Untersuchungen durchgeführt, mit denen die wesentlichen Phänomene der Kalten Fusion verifiziert und ihr nuklearer Ursprung nachgewiesen werden konnten. Bereits Ende 1989 veröffentlichte die indische Atomenergiebehörde ein Buch von Iyengar und seinem Kollegen M. Srinivasan mit dem Titel „BARC Studies In Cold Fusion“. In der Hochphase der Forschung zur Kalten Fusion waren in Indien Forschungsgruppen im gesamten Land daran beteiligt.

Was ist dann geschehen? Im Jahr 1990 verließ Iyengar das BARC, um den Vorsitz der Atomic Energy Commission of India zu übernehmen. Sein Nachfolger beim BARC war, wie es aussieht, ein erbitterter Gegner der Kalten Fusion, der keine Gelegenheit ausließ, die Arbeit auf diesem Gebiet zum Erliegen zu bringen.

Wie in so vielen anderen Ländern auch, hat die indische Forschung zur Kalten Fusion erheblich unter jener Ablehnung gelitten, die die Gemeinde des wissenschaftlichen Mainstreams in den USA der Kalten Fusion entgegenbrachte, wie auch unter dem Stigma, das mit der Arbeit auf diesem Gebiet verbunden ist.

Die gute Nachricht aber ist, dass die Kalte Fusion seit 2016 in Indien wieder Fahrt aufgenommen hat. So sponsert Berichten zufolge beispielsweise die indische National Thermal Power Corporation ein Projekt zur Kalten Fusion am Indian Institute of Technology in Bombay. Mindestens ein Dutzend weiterer Forschungsgruppen sind ebenfalls im Bereich der Kalten Fusion aktiv, und es scheint eine große Begeisterung unter jungen Forschern zu geben. Dennoch ist die Finanzierung nach wie vor eher dürftig.

Und wie sieht es in China aus? Die Forschungsarbeiten verlaufen dort mehr oder weniger kontinuierlich, wobei Chinas akademische Spitzeneinrichtung, die Tsinghua-Universität, hierbei die führende Rolle spielt. Soweit ich das beurteilen kann, hielt man die Bemühungen jedoch über einen langen Zeitraum hinweg im Verborgenen, höchstwahrscheinlich aus Angst, vor der internationalen wissenschaftlichen Gemeinde das Gesicht zu verlieren. In einem Bericht aus dem Jahr 2015 über „Nuclear Developments in China“ (Nukleare Entwicklungen in China) charakterisierte der Nuklearingenieur Guo Wentao die vorherrschende Haltung gegenüber der Kalten Fusion mit den folgenden Worten:

In China befindet sich die Forschung zu LENR noch in der Anfangsphase. China hält sich noch zurück, um zu schauen, ob das internationale Forschungsfeld LENR zu einem Durchbruch gelangt. Chinas Haltung zu LENR besteht darin, abzuwarten, bis eine verlässliche Nachricht darüber vorliegt, dass es zu einem echten Durchbruch auf diesem Gebiet gekommen ist. LENR-Befürworter bedauern, dass dies zugleich bedeutet, dass man in China womöglich die beste Chance verpasst, im Falle einer möglichen kommerziellen Nutzung dieses Phänomens LENR als Technologie zu entwickeln.

Soweit ich das beurteilen kann, hat sich an dieser Haltung bis zuletzt nichts geändert. Es wird interessant sein zu sehen, ob die Entwicklungen, über die in diesem Artikel berichtet wird, den Drachen zum Erwachen bringen können.

Aber möglicherweise ist dies ja längst geschehen. Die nächste internationale Konferenz zur Kalten Fusion – die ICCF-23 – soll im nächsten Jahr (2020) in China stattfinden.