Die Politik zur Kalten Fusion – Nutzen realisieren und disruptive Auswirkungen minimieren

Aus LENR-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Journal of Condensed Matter Nuclear Science

Journal of Condensed Matter Nuclear Science 32 (May 2020) 1–11, © 2020 ISCMNS
Cold Fusion Public Policies: Realizing Benefits and Mitigating Disruptive Impacts
Thomas W. Grimshaw, LENRGY, LLC, 3571 Far West Blvd., PMB 102, Austin, TX 78731,512.784.1078, USA
thomaswgrimshaw@gmail.com

Grimshaw Cold Fusion Public Policies fr 362x513.png

Zusammenfassung

Die Kalte Fusion (heute allgemein als Niederenergetische Kernreaktionen, LENR, bezeichnet) weist viele potenzielle energetische Vorteile für die Gesellschaft auf, birgt aber auch die Gefahr von schwerwiegenden Beeinträchtigungen. Obwohl LENR kurz nach seiner Verkündigung vor 30 Jahren zurückgewiesen wurde, wird es von Forschern weltweit weiterverfolgt. Die ungebrochene Vitalität des Forschungsgebietes und wesentliche Fortschritte im Verständnis und in der Reproduzierbarkeit des Phänomens haben das ursprüngliche Urteil über LENR als einer nichtlegitimierten Wissenschaft in Frage gestellt. Die Umsetzung von LENR zum Wohle der Gesellschaft wird durch die Kräfte des freien Marktes gefördert werden. Es bedarf jedoch einer Änderung in der Regierungspolitik, um die Vorteile von LENR realisieren und mit den zu erwartenden disruptiven Auswirkungen umgehen zu können. Eine evidenzbasierte Gestaltung von Politik bietet einen vernunftorientierten Weg, die negative Praxis der Forschungsförderung zu hinterfragen. Die Technologiefolgenabschätzung ist eine geeignete Methode, um die schädlichen Nebenwirkungen von LENR zu bestimmen und zu minimieren. Regierungsstellen und der private Sektor erhalten mit LENR die Möglichkeit, ihre Aufgaben zu bewältigen. Als eine potenzielle neue Quelle kostengünstiger und sauberer Energie im Überfluss bietet LENR die Möglichkeit, die langfristigen Zukunftsperspektiven der Menschheit wesentlich zu verbessern.

1. Einführung

Die Kalte Fusion (heute weithin als Niederenergetische Kernreaktionen, LENR, bezeichnet) hat als kostengünstige, saubere und schier unbegrenzte Energiequelle das Potenzial zu einem immensen Nutzen für die Gesellschaft. Mit ziemlicher Sicherheit handelt es sich dabei – zumindest kurzfristig – auch um eine hochgradig disruptive Technologie mit direkten negativen Auswirkungen auf die bestehende Energieinfrastruktur und mit indirekten Auswirkungen auf die damit verbundenen Teile der Gesellschaft. Glücklicherweise stehen Verfahren der politischen Gestaltung zur Verfügung, um mit dem „zweischneidigen Schwert“ LENR umzugehen.

Eine vernunftorientierte Politik dient seit Jahrhunderten dem Gemeinwohl. Die Evidenzbasierte Politikgestaltung (Evidence-based Policymaking – EBP) ist ein rationaler Weg, Strategien zur Forschungsförderung von LENR zu entwickeln – oder sie neu zu bewerten –, um deren energiewirtschaftlichen Nutzeffekte zu erschließen. Die Technologiefolgenabschätzung (Technology Assessment – TA), eine rationale Methode zur Bestimmung und Minimierung nachteiliger Auswirkungen neuer Technologien auf die verschiedenen Bestandteile der Gesellschaft, lässt sich ohne Weiteres auf den Fall LENR anwenden. Eine Politik zum Wohle der Gesellschaft ist sowohl für die Energiegewinnung aus LENR als auch für den vorausschauenden Umgang mit ihren disruptiven Nebenwirkungen von wesentlicher Bedeutung.

2. Zum Hintergrund

Die potentiellen Nutzeffekte von LENR als einer neuen Energiequelle wurden sehr wohl begriffen, als sie von Martin Fleischmann und Stanley Pons im März 1989 vorgestellt wurden. Beispiele solcher Nutzeffekte von LENR sind:

  • Eine praktisch unbegrenzte Energiequelle.
  • Niedrige Materialkosten.
  • Umweltsicherheit (keine Emissionen und keine Abwässer).
  • Keine schädliche Strahlung und keine radioaktiven Abfälle.
  • Einsetzbar in zentralen als auch dezentralen Strukturen.
  • Die Energiequelle ist ohne Transport und ohne Einschränkung an allen Orten verfügbar.
  • Die Reduzierung der energiebedingten Umweltverschmutzung durch den Ersatz fossiler Brennstoffe.
  • Die Verringerung der Kohlendioxidemissionen und die Abschwächung des globalen Klimawandels.

Nagel hat nicht weniger als 40 potenzielle Vorteile und Folgen der LENR-Entwicklung für die Bereiche thermischer und elektrischer Energie benannt[1]. Zusätzlich zu seinem Versprechen einer Energiequelle könnte LENR mit der Transmutation von Elementen einen weiteren Vorteil bieten, nämlich den der Bewältigung des Problems des Nuklearabfalls.

2.1. Neue Technologien und die Gesellschaft

Regierungen auf der ganzen Welt verabschieden Richtlinien, Gesetze und Vorschriften zum Schutz und zur Förderung des Gemeinwohls[2][3], einschließlich solcher Regelungen zur Entwicklung neuer Technologien. Der Nutzen, den die staatliche Forschungsförderung für die Gesellschaft hat, ist seit langem anerkannt. Diese Förderung ist besonders in den frühen Phasen der Technologieentwicklung von großer Bedeutung, in denen die Forschungskosten privatwirtschaftlichen Investoren möglicherweise nicht gerechtfertigt erscheinen. Hervorragende historische Beispiele hierfür sind das Manhattan-Projekt, das den Zweiten Weltkrieg beendete, und das Weltraumprogramm der USA, bei dem die Forschung über die unmittelbaren Ziele des Programms hinaus viele nützliche Ergebnisse hervorgebracht hat. Dem Gemeinwohl ist mit einer vernunftorientierten Politik und mit Methoden wie der EBP bestens gedient.

Regierungen schützen das Gemeinwohl auch dadurch, dass sie sich mit den disruptiven Auswirkungen neuer Technologien befassen. Diese Auswirkungen haben einerseits direkte Folgen – auf bestehende Marktlösungen (z. B. das laufende Geschäft) – und andererseits indirekte – auf solche Gesellschaftsbereiche, die eng mit der bestehenden Infrastruktur verknüpft sind (z. B. Belegschaften, Gemeinden, lokale Regierungen). Diese direkten und indirekten Folgen haben sowohl für den privaten Sektor als auch für bestimmte Bereiche der Gesellschaft eine disruptive Wirkung[4].

Da die Sozialkosten neuer Technologien normalerweise nicht in den Ausgaben für ihre Entwicklung enthalten sind, werden diese Kosten als „Marktexternalitäten“ angesehen. Auf diese Weise kann die Politik in den freien Markt eingreifen, um nachteilige Nebenwirkungen zu minimieren und den Gesamtnutzen einer neuen Technologie zu vergrößern. Ein hervorragendes Beispiel für einen solchen Eingriff ist die Folge von Gesetzen und Vorschriften, die zum Schutz und zur Sanierung von Schäden an der natürlichen Umwelt durch marktgetriebene Aktivitäten wie z. B. der Industrie verabschiedet wurden. Oft ist ein staatliches Eingreifen mit Hilfe von Methoden wie der TA notwendig, um das übergeordnete Gemeinwohl zu schützen.

Die Möglichkeiten staatlichen Engagements zur Förderung von nutzbringender Forschung und Entwicklung, die für Investitionen aus dem Privatsektor nicht in Frage kommen, und zur Minimierung nachteiliger Nebenwirkungen sind das Ergebnis einer unzureichenden Abstimmung zwischen den Interessen des Privatsektors und denen des Gemeinwohls, was mit dem Begriff „Marktversagen“ umschrieben wird[5].

2.2. Zum Stand der Politik in Sachen LENR

Ungeachtet ihres potenziellen Nutzens wurde LENR innerhalb etwa eines Jahres nach der 1989 erfolgten Bekanntmachung[6][7] von der Mainstream-Wissenschaft zurückgewiesen. Die Vorgänge und Geschehnisse, die zu dieser Zurückweisung führten, stellen einen außergewöhnlichen Fall auf dem Gebiet der Wissenschaftssoziologie dar – also jener sozialen Prozesse, durch die Wissenschaft „gemacht“ wird[8][9]. Die Arbeit in den Grenzbereichen der Wissenschaft – die Bestimmung dessen, was akzeptiert und was abgelehnt wird – ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Wissenschaftssoziologie[10].

Ein Hauptgrund dafür, dass LENR nach wie vor zurückgewiesen wird, besteht in der Herausforderung, vor der es als neues Phänomen steht. Eine zuverlässige Reproduzierbarkeit ist immer noch schwer zu erreichen, und die Hypothesen zu ihrer Erklärung konvergieren noch nicht zu einer adäquaten Gesamterklärung. Die experimentellen Beobachtungen können noch nicht in Begriffen interpretiert werden, die sich mit dem derzeitigen Verständnis der Kernphysik im Einklang befinden.

Leider behaupteten skeptische Forscher in manchen Fällen, dass LENR nicht existiere, da sie es in ihren Experimenten nicht beobachtet hätten. Das würde bedeuten, ein Phänomen dann für nicht legitim zu befinden, wenn es nicht beobachtet werden kann. Tatsächlich kann der Misserfolg auf dem Weg zum Erreichen eines Erfolges jedoch darauf zurückzuführen sein, dass die erforderlichen Versuchsbedingungen nicht eingehalten wurden[11].

Im Unterschied zu den meisten anderen zurückgewiesenen wissenschaftlichen Behauptungen ist die LENR-Forschung jedoch nicht ausgestorben. Vielmehr wurden die Forschungen von vielen Forschern an zahlreichen Standorten auf der ganzen Welt fortgeführt. Aufgrund seines Ausgestoßenseins[12][13] hat sich auf diesem Forschungsfeld eine soziale Wissenschaftsstruktur abseits der Mainstream-Wissenschaft entwickelt:

Die Politik folgte bei der Unterstützung von LENR im Allgemeinen der wissenschaftlichen Zurückweisung des Fachgebietes, und so wurden die staatlichen Mittel sehr knapp. Und natürlich wurde keine Politik verfolgt, die sich mit den Nebenwirkungen von LENR auseinandergesetzt hätte. Ob es sich bei der Zurückweisung von LENR um eine „regelrechte“ Instanz innerhalb der Wissenschaftssoziologie handelte oder ob das Interesse der Öffentlichkeit in den letzten 30 Jahren durch eine unzulängliche Politik der Forschungsförderung bedient wurde, scheint heute nahezu bedeutungslos zu sein. Vor allem angesichts der erwiesenen Vitalität des Fachgebietes und der erzielten Fortschritte ist es an der Zeit, diese nachteilige Politik zu überdenken. In Anbetracht der Vorteile für die öffentliche Gesundheit, die eine vor Ort verfügbare Wärmequelle für das Kochen und für die Wasseraufbereitung mit sich bringt, kann auch für ein ethisches Mandat von LENR gestritten werden.

3. Eine Politik zur Erzielung von Nutzeffekten

Es ist eine große Kluft zwischen dem Potenzial der Kalten Fusion als Energiequelle und der Förderpolitik zur Ausschöpfung dieser Möglichkeiten entstanden. Die EBP bildet einen vernunftorientierten und leicht verfolgbaren Lösungsansatz, um diese Lücke zu schließen[14].

3.1. Die Evidenzbasierte Politikgestaltung im Zusammenhang mit LENR

Die EBP hat ihren Ursprung in der evidenzbasierten Medizin[15][16], deren Erfolg dazu geführt hat, dass die Methode auf andere Bereiche wie die Unternehmensführung[17] und die Politikgestaltung[18][19][20] ausgedehnt wurde. Die EBP kann dabei helfen, politische Entscheidungen zu leiten, wenn (wie es oft der Fall ist) die beste Entscheidung nicht eindeutig getroffen werden kann. Oft verfügen politische Entscheidungsträger nicht über einen technischen Hintergrund und können sich dadurch bei komplizierten wissenschaftlichen oder technologischen Entscheidungen überfordert zeigen. Ein evidenzbasierter Weg, dieses Problem anzugehen, besteht darin, wissenschaftliche Evidenz in Evidenzebenen (Levels of Evidence – LOE) zu konvertieren, wie sie im juristischen Bereich verwendet werden[21]. Auf Basis der leicht verständlichen LOE und der damit verbundenen Wahrscheinlichkeiten können dann politische Lösungskonzepte entwickelt werden[22]:

  • Überwiegen der Beweise (>50%).
  • Klare und überzeugende Beweise (70-90%).
  • Über jeden begründeten Zweifel erhaben (>90%).

Die Übertragung von LOE auf Entscheidungsprozesse hinsichtlich LENR ist mit Ungewissheiten verbunden, allerdings bringt der Prozess der Übertragung sowohl Übersichtlichkeit als auch Exaktheit mit sich. Im Falle von LENR kann ein Überwiegen der Beweise (Preponderance of the Evidence – POE) für die Existenz von LENR aufgrund der Forschungsreferenzen und Erfahrungen von Dr. Fleischmann (Fellow der Royal Society in Grossbritannien) und Dr. Pons (Vorsitzender der Chemieabteilung), der grundlegenden Ergebnisse ihrer LENR-Experimente[23][24] und der frühen Bestätigungen durch andere Forscher geltend gemacht werden. Vier Beispiele aus den frühen Experimenten, die überschüssige Wärme bestätigen konnten, werden von Beaudette[25] beschrieben – Richard Oriani (1990), Robert Huggins (1990), Melvin Miles (1990) und Michael McKubre (1990-1991).

Ein klarer und überzeugender Beweis (Clear and Convincing Evidence – CCE) wird durch die Hunderten von zusätzlichen bestätigenden Experimenten erbracht, welche von vielen angesehenen Forschern durchgeführt wurden. Beispielsweise führte Storms eine Durchsicht von Berichten über LENR für den Zeitraum 1989 bis 2004 durch und fand 319 Erfolgsmeldungen, die auf drei Merkmalen des Phänomens basierten: überschüssige Wärme (184), Elementtransmutation (80) und anomale Strahlung (55)[26].

CCE wird auch durch die Bayes'sche Netzwerkanalyse der LENR-Experimente gestützt. Cravens und Letts[27] haben eine Überprüfung von 167 Berichten (1989-2007) durchgeführt und sie anhand von 122 „qualifizierten Berichten“, basierend auf der Anwendung von elektrolytischen Zellen vom Typ Fleischmann-Pons und verschiedenen anderen Kriterien, analysiert. Johnson und Melich[28] führten bei acht der von Cravens und Letts empfohlenen „qualifizierten Berichte“ eine Bayes'sche Netzwerkanalyse durch und ermittelten einen Wahrscheinlichkeitsquotienten (dass LENR real ist) von über 10. Johnson und Melich fügten dann vier weitere Berichte aus der Liste von Cravens und Letts hinzu (insgesamt 12 Berichte) und erlangten einen Wahrscheinlichkeitsquotienten von über 30.

Mit Unterstützung von Johnson und Letts[29][30] führte Grimshaw eine Bayes'sche Netzwerkanalyse zu den ersten 10 Experimenten (von denen sechs als Erfolg gewertet wurden) durch, die von Cravens und Letts aufgelistet wurden. Die Analyse ging von „Startwahrscheinlichkeiten“ (vor der Analyse geschätzte Wahrscheinlichkeit, dass LENR real ist) zwischen 0,05 und 0,50 aus. Bei einer Startwahrscheinlichkeit von 0,05 stieg die Wahrscheinlichkeit dafür, dass LENR real ist, nach den ersten 10 Experimenten auf 0,59. Eine Startwahrscheinlichkeit von 0,50 (50/50) führte nach den 10 Experimenten zu einer Wahrscheinlichkeit von 0,96. Solche hohen Wahrscheinlichkeitsverhältnisse und Wahrscheinlichkeiten stützen eindeutig ein LOE auf dem Niveau von CCE.

Ein weiteres Argument für CCE ist das ausgeprägte Interesse von großen und namhaften Unternehmen aus dem privatwirtschaftlichen Sektor[31][32], die die Forschung gegenwärtig finanzieren. Die Entwicklung von Prototypen (zum Beispiel der „Controlled Electron Capture Reaction“-Ansatz von Brillouin und die Geräte NANOR und PHUSOR von JET Energy), die womöglich LENR-Energie erzeugen, sind ein weiterer Indikator für ein CCE-Niveau.

Es ist davon auszugehen, dass ein LOE, der über jeden vernünftigen Zweifel erhaben ist (Beyond a Reasonable Doubt – BRD), auf die Veröffentlichung einer überzeugenden Hypothese warten muss, welche auf dem aktuellen Kenntnisstand der Kernphysik (oder einer Erweiterung dessen) basiert, oder auf die Entwicklung eines leicht zu reproduzierenden Experiments. Alternativ dazu kann die BRD bei der Veröffentlichung einer funktionierenden LENR-Vorrichtung, wie z. B. der eines Wassererhitzers oder der eines Stromgenerators, festgestellt werden.

Welches wären nun die angemessenen Antworten von Seiten der LENR-Politik auf die verschiedenen Evidenzniveaus? Die Beantwortung ist wiederum eine Ermessensfrage, jedoch erhöht die Berücksichtigung von zwei relevanten Szenarien noch einmal Klarheit und Exaktheit. Die folgenden werden als rationale Antworten auf ein konservatives Szenario vorgeschlagen.

  • POE – Wiedereinsetzung von LENR und konsequente Fortsetzung seiner Entwicklung in Verbindung mit anderen aufstrebenden Energietechnologien.
  • CCE – Forcierung der LENR-Forschung gegenüber konkurrierenden potenziellen Energiequellen.
  • BRD – Etablierung eines Sofortprogramms zur Erlangung eines vollständigen Verständnisses von LENR und zur Ausschöpfung seines Potenzials – gegebenenfalls auf einem Niveau, das mit dem des Manhattan-Projekts vergleichbar ist.

In einem eher liberalen Umfeld und in Anbetracht des ungeheuren potenziellen Nutzwertes (und des ethischen Mandats) von LENR sollte eine vernunftorientierte politische Antwort auf POE darin bestehen, die Erforschung von LENR im Vergleich zu anderen aufstrebenden Technologien zu verstärken. Eine Antwort auf CCE (wie auch auf BRD) bestünde in der Einführung eines Sofortprogramms mit dem Ziel, LENR zu begreifen und den Nutzen daraus zu verwirklichen.

3.2. Die Implementierung von Umsetzungsstrategien

EBP-basierte Strategien zur Erforschung von LENR erfordern die Berücksichtigung verschiedener Gesichtspunkte:

  • Komplexität der chemischen Aspekte des Phänomens.
  • Anpassung der Kernphysik an die bei LENR gemachten Beobachtungen.
  • Zusammenspiel der Fragen von Reproduzierbarkeit und Erklärung.
  • Standort, Stellung und Kompetenz erfahrener Forscher auf diesem Gebiet.
  • Erfassung, Interpretation und Nutzung der bis heute vorliegenden experimentellen Ergebnisse.
  • Forschungsunterstützung in zentralisierter oder dezentralisierter Form.

Die für LENR notwendigen chemischen Bedingungen bilden eine Vielzahl an Variablen („Parameterraum“), die zu einer unzureichenden Reproduzierbarkeit des Phänomens beitragen. Die Unfähigkeit des derzeitigen Verständnisses der Kernphysik, den Beobachtungen von LENR Rechnung zu tragen, ist eine der Hauptursachen für seine frühe Zurückweisung und den noch immer fortbestehenden Ausgrenzungsstatus. Forschungsstrategien müssen sich mit den in Wechselbeziehung stehenden Fragen von Erklärung und Reproduzierbarkeit befassen. Eine zufriedenstellende Erklärung würde zu verbesserten Experimenten und zu einer erhöhten Reproduzierbarkeit führen – und eine zuverlässigere Reproduzierbarkeit würde zu einem besseren Verständnis und zur Entwicklung einer hinreichenden Theorie führen.

In den letzten 30 Jahren wurde von den vielen LENR-Forschern eine Unmenge an Informationen, insbesondere an experimentellen Ergebnissen, generiert, die als Grundlage für zukünftige Forschungen dienen können. Ebenso könnten die Erfahrungen und Erkenntnisse, die zu weiteren Aspekten von LENR, einschließlich Forschungsmethoden und aktuellen miteinander im Wettstreit stehenden Hypothesen, gewonnen wurden, eine Ressource für die Entwicklung von Forschungsplänen und die Auswahl von Forschern, Standorten und Einrichtungen bilden. Forschungsstrategien könnten die Verteilung von Ressourcen an einzelne Forscher und Labors beinhalten, um verschiedene Facetten des Problems anzugehen. Alternativ könnte die Forschung von einem zentralisierten Ansatz (oder zwei oder drei Hauptstandorten) profitieren, um bei der Festlegung von Prioritäten, bei der gemeinsamen Nutzung von Ergebnissen und bei der Verbesserung der Kommunikation zu assistieren.

4. Strategien zum Umgang mit disruptiven Auswirkungen

Eine zukunftsorientierte Planung für den Umgang mit disruptiven Technologien wie LENR ist von entscheidender Bedeutung, um deren Gesamtnutzen für die Gesellschaft zu gewährleisten.

4.1. Technologiefolgenabschätzung bei nachteiligen Nebenwirkungen

Bei der TA handelt es sich um einen politikanalytischen Ansatz zur Bestimmung und Minimierung nachteiliger Nebenwirkungen und unbeabsichtigter Folgen von nutzbringenden neuen Technologien auf die bestehende Infrastruktur und die mit ihr verbundenen Bereiche der Gesellschaft[33][34][35]. Die TA wurde ungefähr im gleichen Zeitraum, in der Regel in den 1970er und 1980er Jahren, wie die wichtigsten Umweltgesetze und -vorschriften entwickelt, welche eingeführt wurden, um zukünftige Umweltverschmutzungen zu verhindern und bestehende Kontaminationen zu beseitigen[36]. Obwohl beide Beispiele für staatliche Eingriffe in den freien Markt zum Schutz des Gemeinwohls stehen, unterscheiden sich die Anwendungsbereiche von TA und Umweltschutz. Bei der TA wird der Schwerpunkt eher auf die Gesamtgesellschaft als auf die natürliche Umwelt gelegt. Und der Schwerpunkt der TA liegt dabei eher auf den nachteiligen Auswirkungen innovativer Technologien als auf den Auswirkungen bestehender marktwirtschaftlicher Aktivitäten (wie der Produktion) auf die Umwelt. Die TA umfasst im Allgemeinen die folgenden Elemente[37][38]:

  • Entwicklung eines TA-Teams und einer Beratergruppe.
  • Darstellung des Problems und Beschreibung der Technologie.
  • Identifizierung der möglichen direkten und indirekten Auswirkungen.
  • Bestimmung der betroffenen Einheiten.
  • Bestimmung der politischen Handlungsoptionen für den Umgang mit den Auswirkungen.
  • Beschreibung der für die politische Entscheidungsfindung relevanten Infrastruktur und der diesbezüglichen Institutionen.
  • Schlussfolgerungen und politische Empfehlungen.
  • Umsetzung von bestimmten Strategien.

Dem TA-Team und der Beratergruppe gehören sowohl Fachleute für Politikanalyse als auch sachkundige Personen aus denjenigen Einheiten (Privatsektor und Regierung) an, die am unmittelbarsten mit der Einführung von LENR zu tun haben oder die am stärksten davon betroffen sind.

4.2. Implementierung von Richtlinien zur Minimierung von durch LENR bedingte Schäden

Die TA wurde bereits früher erfolgreich bei energiebezogenen Problemstellungen angewandt, z. B. bei der breit angelegten Erschließung von Energieressourcen[39] sowie bei Kohleschlamm-Pipelines[40], und sie kann ohne weiteres auch auf den Fall von LENR angewandt werden[41]. Ein spezielles Verfahren, das auf den oben genannten Schritten basiert, wird nachfolgend dargestellt.

4.2.1. Die Bildung des Projektteams und der Beratergruppe

Aufgrund des breiten Spektrums an Auswirkungen auf die Energieinfrastruktur und das Sozialsystem wird es erforderlich sein, für die TA ein multidisziplinäres Team zusammenzustellen. Dabei wird der Schwerpunkt auf einer partizipativen TA[42][43] liegen, die sowohl Energietechnologie-Experten als auch Fachleute für Politikanalyse umfasst. Dieses Team wird den größten Teil der Folgenabschätzung und die Entwicklung von Empfehlungen zur Schadensbegrenzung zu leisten haben. Die Beratergruppe, einschließlich der Vertreter des privaten Sektors und der Regierung, wird bei der Ausführung der TA eine leitende Rolle spielen.

4.2.2. Kennzeichnung von LENR als disruptive Technologie

Die Energietechnologien (und wahrscheinlich auch weitere), die aus LENR hervorgehen werden, sollten ausführlich dargestellt werden, um eine Abschätzung ihrer direkten und indirekten Auswirkungen zu ermöglichen. Obgleich umfangreiche Informationen zur Verfügung stehen, werden realistische Prognosen zu den Gerätetypen, den Verbreitungsraten und den Erfolgsaussichten bei der Durchdringung des Energiemarktes angestellt.

4.2.3. Weiterentwicklung der Methodik zur Folgenabschätzung und zur Entwicklung von Maßnahmen der Schadensbegrenzung

Die TA verfügt über ein ausgereiftes Basisverfahren, das sich auf spezielle Technologien und soziale Kontexte anwenden lässt. Diese Methodik wird im Fall von LENR auf der Grundlage einer detaillierten Analyse des vorangegangenen Arbeitsschrittes präzisiert. Sie wird eine genaue Bestimmung der öffentlichen und privaten Einheiten beinhalten, die direkt oder indirekt davon betroffen sein werden.

4.2.4. Bestimmung der direkten Auswirkungen auf die Energieinfrastruktur

Es werden die Auswirkungen auf die Elemente des gesamten Zyklus aus Energieerzeugung, -transport, -speicherung und -verbrauch ermittelt. Da LENR wahrscheinlich sowohl als zentralisierte als auch als verteilte Energiequelle zum Einsatz kommen wird, werden die verschiedenen Elemente in unterschiedlicher Weise betroffen sein. In die Bewertung werden der Einführungsgrad und die Marktdurchdringung in den Energiesektoren mit einbezogen. Sobald die Art, der Grad und die Rate der direkten Auswirkungen bestimmt sind, werden Möglichkeiten zur Schadensbegrenzung ermittelt.

4.2.5. Bewertung der indirekten Auswirkungen auf die Sozialsysteme

Ein großer Teil der Gesellschaft ist eng mit der aktuellen Energieinfrastruktur verknüpft. Die sozialen Bereiche, die davon betroffen sein werden, lassen sich aus den oben genannten Elementen der Energieinfrastruktur ableiten. Da Sozialsysteme wahrscheinlich nur begrenzt in der Lage sind, sich abzeichnende Auswirkungen von Störungen frühzeitig zu erkennen und mit diesen umzugehen, sind sie möglicherweise besonders gefährdet. Eine vorausschauende Planung ist daher von besonderer Bedeutung, um so die sozialen Kosten des Einsatzes von LENR einzudämmen. Für die verschiedenen Einheiten, die vergleichbare indirekte Auswirkungen aufweisen, wie zum Beispiel Gemeinden, Unternehmen außerhalb des Energiesektors, Belegschaften, Regierungen und Finanzinstitutionen, werden Strategien zur Schadensbegrenzung ausgearbeitet.

4.2.6. Ausarbeitung eines integrierten Planes zur Schadensbegrenzung

Es liegt auf der Hand, dass die disruptiven Auswirkungen von LENR auf die Energieinfrastruktur und die Sozialsysteme eng miteinander verknüpft sein werden. Die für die direkten und die indirekten Auswirkungen entwickelten Maßnahmen zur Schadensbegrenzung werden einer Überprüfung unterzogen, und es wird ein koordinierter Plan ausgearbeitet, um die bestehenden Vorteile hinsichtlich der Leistungsfähigkeit zu nutzen und um zu vermeiden, dass die Maßnahmen gegensätzliche Ziele verfolgen. In diesem Plan werden die für die Durchführung von Maßnahmen zur Schadensbegrenzung zur Verfügung stehenden Behörden und sonstigen Einheiten bestimmt.

5. Folgerichtige politische Überlegungen

Um eine wirkungsvolle Politik in Sachen LENR betreiben zu können, müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden:

  • Möglichkeiten für Behörden, ihre energiepolitischen Aufgaben dadurch zu erfüllen, dass sie LENR in ihren Zuständigkeitsbereich integrieren.
  • Unterschiede bei den Behörden, die an der Forschungsförderung mitwirken und sich mit negativen Auswirkungen befassen.
  • Entwicklung von Strategien zur Schadensbegrenzung in Abstimmung mit der Forschungsförderung und der Umsetzung von LENR.
  • Integration von Planung und Umsetzung unter den Behörden sowohl auf nationaler als auch auf globaler Ebene.
  • Koordinierung der Strategien zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor.
  • Überwindung der Unbeweglichkeit bei der Ablehnung von LENR und bei der Aufrechterhaltung des Ausgestoßenenstatus.

Diesen Faktoren gilt es dadurch zu begegnen, dass die Möglichkeiten und Verantwortlichkeiten von Regierungsstellen und des privaten Sektors ebenso untersucht werden wie die Koordination und Integration ihrer Politik.

5.1. Die Möglichkeiten der Behörden

Die Politikgestaltung zur Entwicklung von LENR sowie zur Schadensbegrenzung bietet nationalen und internationalen Institutionen die Möglichkeit, ihre energiepolitischen Ziele zu verwirklichen[44]. Angesichts der Tragweite der Umsetzung von LENR und des Vorgehens gegen die zu erwartenden Auswirkungen kann mit Fug und Recht geltend gemacht werden, dass die Institutionen gegenüber LENR in hohem Maße verpflichtet sind.

Die verschiedenartigen Behörden und ihre energiepolitischen Aufgaben unterscheiden sich im Hinblick auf die Unterstützung von LENR und auf die Begrenzung negativer Auswirkungen erheblich. In den USA sind das Energie- und das Verteidigungsministerium beispielsweise Einrichtungen, die an einer Weiterentwicklung auf dem Gebiet der Energie interessiert sind. Beispiele für Regierungsstellen mit dem Auftrag zur Marktintervention im öffentlichen Interesse sind die Umweltschutzbehörde und das Gesundheits- und Sozialministerium.

5.2. Die Rolle des privaten Sektors

Während Regierungen sowohl die Aufgabe haben, LENR zu unterstützen als auch deren Auswirkungen zu begrenzen, liegt der Schwerpunkt des Privatsektors hauptsächlich auf der Entwicklung. Die Kräfte des Marktes werden für die Umsetzung der Nutzeffekte von LENR von wesentlicher Bedeutung sein, allerdings muss eingewandt werden, dass der Markt noch nicht voll einbezogen werden darf. Aufgrund der bestehenden Probleme bei der Reproduzierbarkeit und einer hinreichenden Erklärung stellt LENR nach wie vor ein hohes Risiko für Investitionen aus dem Privatsektor dar. Dieses Risiko ist ein entscheidendes Argument für eine staatliche Forschungsförderung im derzeitigen frühen Entwicklungsstadium der LENR-Forschung. Wird die Forschung im Frühstadium öffentlich finanziert, kann der private Sektor dann für die Anwendungs- und Produktentwicklung zur Verfügung stehen. An diesem Punkt kann die Macht der Marktkräfte dazu genutzt werden, die Nutzeffekte von LENR voll auszuschöpfen.

Gleichzeitig ist festzustellen, dass die Forschung von sogenannten „Unternehmensengeln“, welche kurzfristig keine angemessene Rendite verlangen, und (wie oben erwähnt) von großen Unternehmen (insbesondere von Energiekonsumenten) finanziert wird, welche über erhebliche finanzielle Mittel verfügen und einen großen Anteil am Erfolg von LENR haben. Eine Reihe von Start-ups und andere kleine Unternehmen betreiben ebenfalls LENR, insbesondere mittels empirischer Anstrengungen zur Entwicklung nutzbarer Geräte (und nicht über eine Grundlagenforschung mit dem Ziel eines grundlegenden Verständnisses des Phänomens). Die Bemühungen des Privatsektors, die Nutzeffekte von LENR zu erschließen, werden durch die Erneuerung der derzeit noch ablehnenden Haltung gegenüber dem Schutz geistigen Eigentums (Patente, Marken) von Seiten staatlicher Stellen, insbesondere des Patent- und Handelsamts der USA, verstärkt[45].

5.3. Die Integration von Politik

Die politische Entscheidungsfindung zum Umgang mit nachteiligen Nebenwirkungen von LENR-Energie muss mit der Politik zur Forschungsförderung und mit der zu seiner Umsetzung koordiniert werden[46]. Die zeitliche Planung der Maßnahmen zur Schadensbegrenzung sollte dem Entwicklungstempo und der zu erwartenden Marktdurchdringung entsprechen. Eine solche Koordination von Politik steigert die Effizienz und vermeidet, dass die Pläne gegenläufige Ziele haben. Die Koordination ist auch unter Behörden mit ähnlichen Zuständigkeiten – Unterstützungs- oder Schadensbegrenzungsplanung – unerlässlich, um ihren jeweiligen Verantwortlichkeiten gerecht zu werden (z. B. DOE und DOD, EPA und HHS). Auch auf internationaler und nationaler Ebene ist die Koordination von Politik zwischen den Institutionen wichtig, ebenso wie zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor.

5.4. Die Überwindung der Unbeweglichkeit bei der Zurückweisung

Der Prozess der politischen Entscheidungsfindung ist für LENR stark von seinem Status als einer geächteten Wissenschaft geprägt.

Im Rahmen einer von Rationalität bestimmten Wissenschaftssoziologie wäre es möglich zu konstatieren, dass der Evidenzgrad von LENR die zukünftige Politik der LENR-Forschung und deren Realisierung – wie oben skizziert – maßgeblich vorgeben muss. LENR weist jedoch mit großer Beharrlichkeit eine Negativwahrnehmung auf. Die Dringlichkeit, ihren Ausgestoßenenstatus zu überwinden, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Es wird eingeräumt, dass der EBP-Ansatz trotz der oben beschriebenen Vorteile der Konvertierung wissenschaftlicher Evidenz in Evidenzebenen (POE, CCE, BRD) durch das Fortbestehen der Negativwahrnehmung von LENR und durch deren anhaltenden Ausgestoßenenstatus möglicherweise eingeschränkt wird.

Wenn LENR letztendlich als ein neuer – oder erweiterter – Zweig der Kernphysik (ebenso wie als Energiequelle) begriffen wird, wird es mit größter Sicherheit als „revolutionäre Wissenschaft“ anerkannt werden. Solche bahnbrechenden Entwicklungen, die die Grenzen des wissenschaftlichen Kenntnisstandes erweitern, werden von der Mainstreamwissenschaft oft erst einmal abgelehnt[47][48].

Ein Wissenschaftler und Nobelpreisträger, der mit der Art und Weise nicht einverstanden ist, mit der LENR nicht akzeptiert wurde, hat die fortgesetzte Zurückweisung als „pathologischen Unglauben“ charakterisiert[49].

Eine denkbare Möglichkeit, LENR aus der Zurückweisung herauszuführen, besteht in dem Nachweis dafür, dass es sich hier vielmehr um Wissenschaft als um Pseudowissenschaft handelt. Dieser Ansatz läuft auf die Behauptung hinaus, dass im Fall von LENR bei der Arbeit in Grenzbereichen der Wissenschaft ein Fehler aufgetreten ist. Eine Analyse der Kriterien, die von drei prominenten, in diesen Grenzbereichen tätigen Wissenschaftlern (Wissenschaftsskeptikern) – Irving Langmuir[50], Carl Sagan[51] und Michael Shermer[52][53] – erarbeitet wurden, wurde für LENR[54] durchgeführt. Die 27 sich überschneidenden Kriterien der drei Skeptiker wurden als Fragen formuliert, und jede Frage wurde für LENR beantwortet. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die Kriterien erfüllt waren und dass es sich bei LENR um Wissenschaft und nicht um Pseudowissenschaft handelt.

6. Zusammenfassung

LENR verfügt als neue Quelle kostengünstiger und sauberer Energie im Überfluss über ein enormes Potenzial an Einsatzmöglichkeiten. Mit zunehmender Verbreitung wird es aber auch erhebliche direkte Auswirkungen auf die Energieinfrastruktur und indirekte Auswirkungen auf die mit ihr verknüpften Elemente der Gesellschaft haben.

Das Forschungsgebiet wurde etwa ein Jahr, nachdem es 1989 von Fleischmann und Pons vorgestellt worden war, als legitime Wissenschaft zurückgewiesen. Schon bald darauf stellte sich eine nachteilige Politik öffentlicher Forschungsförderung ein. Dennoch starb das Forschungsgebiet nach seiner Zurückweisung nicht aus. Es wurde von Forschern an vielen Orten weltweit weiter betrieben. Obwohl in den letzten 30 Jahren viele Fortschritte erzielt wurden, gibt es immer noch die Probleme einer unzureichenden Reproduzierbarkeit und eines mangelhaften Verständnisses.

Es ist an der Zeit, die ablehnende Politik gegenüber LENR zu revidieren. Eine evidenzbasierte Politikgestaltung bietet einen vernunftorientierten Ansatz für Entscheidungen zur Forschungsförderung im Interesse der Gesellschaft. Entscheidungen, die auf Basis des Evidenzgrades getroffen werden, erhöhen die Aussicht darauf, die Vorteile von LENR erschließen zu können. Da es sich um eine disruptive neue Technologie handeln wird, ist auch eine Politik erforderlich, die die direkten und indirekten Auswirkungen von LENR begrenzt. Die Technologiefolgenabschätzung ist eine geeignete Methode, um mit den Nebenwirkungen von LENR umzugehen.

Privatwirtschaftliche Einheiten werden dazu beitragen, dass die Vorteile von LENR dank des Antriebs durch Marktkräfte ausgeschöpft werden können. Gleichwohl bedarf es auch staatlicher Eingriffe in den freien Markt zur Förderung von neuartigen und nutzbringenden Technologien und zur Begrenzung ihrer disruptiven Auswirkungen, um so das Gemeinwohl zu gewährleisten. Viele Einrichtungen befassen sich mit der Entwicklung neuer Energiequellen. Andere wiederum stehen vor der Aufgabe, die Öffentlichkeit vor nachteiligen Nebenwirkungen zu schützen. Beide Einrichtungen haben die Möglichkeit, ihre Aufgaben durch die Einbeziehung von LENR zu bewältigen.

Die Politik zur Begrenzung von negativen Auswirkungen muss mit der Förderpolitik koordiniert werden, um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen und um sich widersprechende Zielsetzungen zu vermeiden. In ähnlicher Weise ist es für das Gemeinwohl unerlässlich, die Politik innerhalb der Behörden – wie auch zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor – zu integrieren. Unabhängig davon, ob sich die Politik von der Evidenzlage leiten lässt oder von der Notwendigkeit einer vorausschauenden Planung zur Schadensbegrenzung, wird es für LENR auch weiterhin eine Herausforderung bleiben, sich von seiner jahrelangen Zurückweisung und vom anhaltenden Ausgestoßenenstatus zu befreien.

Referenzen

  1. D. Nagel, Potential advantages and impacts of LENR generators of thermal and electrical power and energy, Infinite Energy 103 (2012) 11–17.
  2. T. Birkland, An Introduction to the Policy Process – Theories, Concepts, and Models of Public Policy Making, M.E. Sharpe, 2001.
  3. J. Anderson, Public Policymaking, 6th edn., Houghton Mifflin, Boston, 2006.
  4. C. Christensen, The Innovator’s Dilemma: When New Technologies Cause Great Firms to Fail, Harvard Business School Press, Boston,1997.
  5. C. Winston, Government Failure Versus Market Failure, Brookings Institution Press, Washington, DC, 2006.
  6. E. Mallove, Fire from Ice: Searching for the Truth Behind the Cold Fusion Furor, Wiley, Hoboken, NJ, 1991.
  7. J. Huizenga, Cold Fusion: the Scientific Fiasco of the Century, University of Rochester Press, New Brunswick, NJ, 2002.
  8. R. Merton, The Sociology of Science – Theoretical and Empirical Investigations, The University of Chicago Press, Chicago, IL, 1968.
  9. M. Fleischmann, 2000, Reflections on the sociology of science and social responsibility in science in relationship to cold fusion, Accountability Res. 8(19) (2008) 19–54.
  10. B. Simon, Undead Science: Science Studies and the Afterlife of Cold Fusion, Rutgers University Press, New Brunswick, NJ, 2002.
  11. Altman and J. Bland, Absence of evidence is not evidence of absence, British Medical J. 311 (1995) 485.
  12. D. Goodstein, Whatever happened to cold fusion? American Scholar 63, 64(4) (1994) 527.
  13. D. Goodstein, Whatever happened to cold fusion? Accountability Res. 8(19) (2008) 59.
  14. T. Grimshaw, Evidence-based public policy for support of cold fusion (LENR) development, 17th Int. Conf. on Cold Fusion (ICCF-17), Poster (2012).
  15. A. Cochrane, Effectiveness and Efficiency: Random Reflections on Health Sciences, Nuffield Provincial Hospitals Trust, London, 1972.
  16. D. Sackett, W. Rosenberg, J. Gray, R Haynes and W. Richardson, Evidence based medicine: what it is and what it isn’t, British Medical J. (BMJ) 312(7023) (1996) 71–72.
  17. W. Cascio, Evidence-based management and the marketplace for ideas, Academy Management J. 50 (2007) 1009–1012.
  18. H. Davies, S. Nutley and P. Smith, What Works? Evidence-based Policy and Practice in Public Services, Bristol University Press, Bristol, England, 2000.
  19. I. Sanderson, Evaluation, policy learning and evidence-based policy making, Public Administration 89(1) (2002) 1–22.
  20. R. Pawson, Evidence-based Policy – a Realist Perspective, Sage, London, 2006.
  21. G. Garner, Black’s Law Dictionary, 8th edn., West Group, St Paul, MN, 2004.
  22. L. Loevinger, Standards of proof in science and law, Jurimetrics J. Law, Sci. Technol. 32 (1992) 323–344.
  23. M. Fleischmann and S. Pons, Electrochemically induced nuclear fusion of deuterium, J. Electroanal. Chem. 261, 262 (1989) 301–308.
  24. M. Fleischmann, S. Pons, M. Anderson, L. Li and M. Hawkins, Calorimetry of the palladium–deuterium–heavy water system, J. Electroanal. Chem. 287 (1990) 293–348.
  25. C. Beaudette, Excess Heat: Why Cold Fusion Prevailed, 2nd Edn., Oak Grove Press, South Bristol, ME, 2002.
  26. E. Storms, Science of Low Energy Nuclear Reaction: A Comprehensive Compilation of Evidence and Explanations about Cold Fusion, World Scientific, Singapore, 2007.
  27. D. Cravens and D. Letts, The enabling criteria of electrochemical heat: beyond reasonable doubt, 14th Int. Conf. on Condensed Matter Nucl. Sci. (ICCF-14), Proceedings, 2008.
  28. R. Johnson and M. Melich, Weight of evidence for the Fleischmann–Pons effect, 14th Int. Conf. on Condensed Matter Nucl. Sci. (ICCF-14), Proceedings, 2008.
  29. T. Grimshaw, R. Johnson and D. Letts, Level of evidence of cold fusion existence: bayseian network analysis of early verification attempts, Unpublished Manuscript, 2008.
  30. T. Grimshaw, Evidence-based public policy toward cold fusion: rational choices for a potential alternative energy source. Master of Public Affairs Professional, LBJ School of Public Affairs, The University of Texas at Austin, 2008.
  31. T. Sandle, Essential science: Google is running LENR experiments, Digital Sci., July 8, 2019. digitaljournal.com/tech-and-science/science/essential-science-google-is-running-cold-fusionexperiments/article/553511.
  32. K. Shubber, The Long-Shot Science That Attracted Brad Pitt and Neil Woodford: Promise of Abundant Nuclear Power Propelled ‘LENR’ Company to $918m Valuation, Financial Times, Energy Sector, June 13, 2019, ft.com/content/024cfc4a-8df6-11e9-a1c1-51bf8f989972.
  33. D. O’Brien and D. Marchand, The Politics of Technology Assessment – Institutions, Processes, and Policy Disputes, Lexington Books, Lexington, MA, 1982.
  34. R. Rich, Systems of analysis, technology assessment, and bureaucratic power, American Behavioral Scientist 22, 23 (1979) 393–416.
  35. A. Lee and P. Bereano, Developing technology assessment methodology: some insights and experiences, Technol. Forecasting Social Change 19 (1) (1981) 15–31.
  36. Author Unknown, 1979, Closing the Environmental Decade - Assessment of the Seventies, CQ Researcher Archives, November, Available from library.cqpress.com/cqresearcher/.
  37. G. Black, Technology Assessment – What Should it Be? George Washington University, Washington, DC, 1971.
  38. A. Porter, F. Rossini, S. Carpenter, A. Roper, R. Larson and J. Tiller, A Guidebook for Technology Assessment and Impact Analysis, Vol. 4, Elsevier, New York, NY, 1980.
  39. M. Devine and M. Ballard, Energy from the West: a Technology Assessment of Western Energy Resource Development, University of Oklahoma Press, Norman, OK, 1981.
  40. L. Johns et al., A Technology Assessment of Coal Slurry Pipelines, Office of Technology Assessment,Washington, DC, 1978.
  41. T. Grimshaw, Public policy planning for broad deployment of cold fusion (LENR) for energy production, 17th Int. Conf. on Cold Fusion (ICCF-17), Paper FrM1-1, 2012.
  42. L. Hennen, Participatory technology assessment: a response to technical modernity? Sci. Public Policy 26(5) (1999) 303–312.
  43. J. Durant, 1999, Participatory technology assessment and the democratic model of the public understanding of science, Sci. Public Policy, 26(5) (1999) 313–319.
  44. T. Grimshaw and D. Nagel, 2016, Responsibilities of U.S. government agencies for support of low energy nuclear reactions, Presentation at the 20th Int. Conf. on LENR (ICCF-20).
  45. T. Grimshaw and D. Nagel, 2016, Responsibilities of US government agencies for support of low energy nuclear reactions, 20th Int. Conf. on Cold Fusion (ICCF-20), Presentation and Paper, 2016.
  46. T. Grimshaw, Integrated policymaking for realizing benefits and mitigating impacts of LENR, 19th Int. Conf. on Cold Fusion (ICCF-19), Presentation, 2015.
  47. T. Kuhn, The Structure of Scientific Revolutions, 2nd edn., Univ. of Chicago Press, Chicago, IL, 1970.
  48. W. Sharrock and R. Read, Kuhn: Philosopher of Scientific Revolutions, Blackwell, Cambridge, England, 2002.
  49. B. Josephson, Pathological Disbelief, Lecture Given at the Nobel Laureates’ Meeting, June 30, Available at: repository.cam.ac.uk/handle/1810/247336.
  50. I. Langmiur (ed.), Pathological Science, Colloquium at The Knolls Research Laboratory, Niskayuna, NY, 1953.
  51. C. Sagan, The Demon-Haunted World – Science as a Candle in the Dark, Random House, New York, NY, 1995.
  52. M. Shermer, The Borderlands of Science – Where Sense Meets Nonsense, Oxford Univ. Press, Oxford, 2001.
  53. M. Shermer, Baloney Detection – How to Draw Boundaries between Science and Pseudoscience, Part I, Scientific American 285(5) (2001).
  54. E. Storms and T. Grimshaw, 2010, Judging the validity of the Fleischmann–Pons effect, J. Condensed Matter Nucl. Sci. 3(9) (2010) 9–30.