Ohne Brennstoff ist das Spiel um die Fusion gelaufen

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Steven B. Krivit
Without Fuel, the Fusion Game Is Over
18. Juli 2022
Zum Originalartikel


Vor einigen Monaten meldete die New Energy Times, dass der für die Energiegewinnung aus der Kernfusion erforderliche Brennstoff nicht existiert. Experten für die Kernfusion haben dies nun bestätigt.

Diese Nachricht steht in erstaunlichem Widerspruch zu der seit über 70 Jahren verbreiteten Behauptung, nach der der Brennstoff für die Kernfusion „im Überfluss vorhanden, praktisch unerschöpflich und für jedermann gleichermaßen zugänglich“ sei.

„Kein Grund zur Sorge“, erklären nun einige Fusionsexperten – man werde einen Weg finden, den Brennstoff herzustellen, wenn dieser für kommerzielle Reaktoren benötigt wird. Andere Fusionsexperten sehen das Problem allerdings realistischer.

Heute berichte ich über mein Gespräch mit Tetsuo Tanabe, dem Herausgeber des Buches „Tritium: Fuel of Fusion Reactors“ (Tritium: Der Brennstoff für die Fusionsreaktoren). Außerdem berichte ich über mein Gespräch mit Andrew Holland, dem Sprecher einer Reihe von Privatunternehmen, die in der Fusionsforschung tätig sind.

Grundlagen des Fusionsbrennstoffs

Seit Jahrzehnten erklären die Fusionsforscher, dass im Wasser der Ozeane genügend Brennstoff gespeichert ist, um die Menschheit für Milliarden von Jahren mit Fusionsenergie versorgen zu können. Dies gilt allerdings lediglich für den Brennstoff Deuterium, einem Isotop des Wasserstoffs.

Fast alle Konzepte für Fusionsreaktoren – und mit Sicherheit die wissenschaftlich glaubwürdigsten – erfordern ein Mischungsverhältnis von Deuterium und Tritium von 50 zu 50. Bei Tritium handelt es sich um ein weiteres Isotop des Wasserstoffs. Der normale Wasserstoff eignet sich hier auf der Erde nicht für die Kernfusion. Auch die alleinige Verwendung von Deuterium wird dazu nicht geeignet sein. Ebensowenig ist das Tritium für sich allein dazu geeignet.

Fusionswissenschaftler haben der Öffentlichkeit nur in Ausnahmefällen erklärt, dass das in der Natur vorkommende Tritium kaum als Brennstoffquelle infrage kommt. Immer dann, wenn sie diese Tatsache offenbart haben, behaupteten sie, dass es ja ausreichende Mengen an angereichertem Lithium gäbe, aus dem man das Tritium ja theoretisch herstellen könnte. Das ist aber so nicht der Fall. Außerdem existiert kein umweltverträgliches Verfahren, geschweige denn entsprechende Anlagen, um das Lithium in den erforderlichen Mengen mit dem Isotop Lithium-6 anzureichern.


Das Geheimnis ist gelüftet

Thiéry Pierre, ein Plasmaphysiker und leitender Wissenschaftler am Centre National de la Recherche Scientifique in Marseille (Frankreich), war der erste Wissenschaftler, der mich über diese Tatsache des nicht vorhandenen Fusionsbrennstoffs aufgeklärt hat. Nachdem ich die Nachricht über das fehlende Tritium und das fehlende angereicherte Lithium veröffentlicht hatte, war Tony Donné, der Programmleiter von EUROfusion, der erste Fusionswissenschaftler, der meine Analyse bestätigte.

Donné ist der Programmleiter von EUROfusion. Donnés Organisation ist für den Entwurf des DEMO-Reaktors der EU zuständig, dem europäischen Nachfolger von ITER, dem Internationalen Thermonuklearen Versuchsreaktor, der derzeit in Frankreich errichtet wird.

Im Februar 2022 haben Donnés Kollegen eine 32 Beiträge umfassende Sonderausgabe einer von Fachleuten begutachteten Zeitschrift veröffentlicht, in der das Design des DEMO diskutiert wird. Kein einziger dieser Artikel hat sich mit der Tatsache beschäftigt, dass es weder für den DEMO der EU noch für kommerzielle Fusionsreaktoren eine nichtmilitärische Versorgung mit angereichertem Lithium-6 gibt, und somit keine Brennstoffquelle vorhanden ist.

Robert Louis Hirsch, der ehemalige Leiter der Abteilung für Kontrollierte Thermonukleare Forschung der Atomenergiekommission, war dann der zweite Fusionswissenschaftler, der meine Analyse bestätigte.

Tanabe Tetsuo

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Im Juni kontaktierte ich Professor Tanabe Tetsuo, den Verfasser des Buches „Tritium: Fuel of Fusion Reactors“ aus dem Springer-Verlag. Tetsuos Buch beinhaltet mehrere Kapitel zu zahlreichen Aspekten des Tritiums als dem Brennstoff für die Fusionsreaktoren. Er und seine Mitautoren waren sich ganz offensichtlich darüber im Klaren, dass so gut wie kein Tritium zur Verfügung steht und dass dieses Element von Menschenhand hergestellt werden muss, indem man es aus angereichertem Lithium erbrütet. In dem Buch wird jedoch keine Aussage darüber getroffen, woher das angereicherte Lithium kommen soll. Das einzige, was Tetsuo über Lithiumquellen zu berichten wusste, bezog sich auf das natürliche Lithium, nicht aber auf angereichertes Lithium.

„Natürliches Lithium … kommt in der Natur reichlich vor, steht der Entwicklung einer Lithiumgewinnung aus dem Meerwasser also zur Verfügung“, schrieb Tetsuo.

Er war sich darüber im Klaren, dass eine kosteneffiziente Methode zur Gewinnung von Lithium aus Meerwasser bislang noch nicht existiert. Im Jahr 2020 hatte der Journalist Bob Service in einem Artikel in der Zeitschrift Science herausgearbeitet, dass sich derartige Verfahren im Vergleich zu abgebautem Lithium als alles andere als kosteneffizient erwiesen haben.

Ich habe Tetsuo gefragt, ob er oder seine Mitautoren in dem Buch auf das Fehlen einer umweltverträglichen Methode zur Herstellung von angereichertem Lithium eingegangen sind. Das hat er verneint.

Ich habe darauf hingewiesen, dass er in seinem Buch mehrfach darauf abstellt, dass der Schwerpunkt auf den praktischen Aspekten liegt, wie sie zur Realisierung eines Fusionsreaktors als Energiequelle erforderlich sind, und zwar, wie der Titel schon nahelegt, in Bezug auf den Brennstoff.

„Es gibt verschiedene Techniken zur Anreicherung von beliebigen Isotopen“, schrieb Tetsuo. „Die Frage der Umweltverschmutzung durch eine derartige Anreicherung hängt von der jeweiligen Technik ab, aber im Allgemeinen ist eine solche ohne eine Belastung der Umwelt möglich.“

„Verschiedene Techniken zur Anreicherung beliebiger Isotope sind bereits fest etabliert“, schrieb Tetsuo. „Die Frage der Umweltkontamination durch die Anreicherung hängt von der jeweiligen Technik ab, aber im Allgemeinen ist dies möglich, ohne die Umwelt zu kontaminieren.“

Bei meinen früheren Nachforschungen war ich auf eine Arbeit von Thomas Giegerich und fünf Mitautoren gestoßen, die sich mit den Herausforderungen der Lithiumanreicherung befasst. Dabei hatte ich auf mehrere Fakten hingewiesen, die Giegerich und andere in einer Folienpräsentation sowie in einer begutachteten Arbeit dargelegt haben:

  1. Derzeit existiert noch keine einzige großtechnische Anlage, mit der die Anforderungen, wie sie sich aus dem Betrieb von Fusionskraftwerken ergeben, zu erfüllen wären.
  2. Es handelt sich ausschließlich um toxische, auf Quecksilber basierende Verfahren, die angereichertes Lithium in großen Mengen produzieren.
  3. In Laboratorien wurden auch andere Verfahren zur Anreicherung erprobt; diese haben jedoch nie hohe Produktionswerte erreicht.
  4. Das Fehlen von Lithiumanreicherungsanlagen, die den Anforderungen von Reaktoren nach ITER genügen könnten, stellt eine Gefahr für den Erfolg der Kernfusion dar.

Nachdem ich diese Informationen an Tanabe weitergegeben hatte, habe ich ihn gefragt, ob er seine Aussage, wonach „verschiedene Verfahren zur Anreicherung“ von Lithium ohne Kontamination der Umwelt etabliert seien, wissenschaftlich verteidigen könne.

„Sie haben Recht“, schrieb Tanabe, „ich wollte die Bedeutung der Anreicherung von Li nicht in Abrede stellen.“

Tanabe erklärte, dass der Grund dafür, dass noch keine umweltverträglichen Methoden zur Anreicherung von Lithium entwickelt worden seien, darin bestünde, dass der einzige Verwendungszweck von Lithium-6 bisher die Atombombe gewesen sei. Weiter schrieb er, dass die Anreicherung von Lithium für die Kernfusion „in industriellem Maßstab erhebliche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erfordern wird.“


Andrew Holland

Im Januar hat Andrew Holland, der Vorstandsvorsitzende des in Washington, D.C., ansässigen Unternehmens Fusion Industry Association, einen Vortrag vor dem Beratergremium für Wissenschaft und Technologie (PCAST) von Präsident Biden gehalten. Die FIA ist vom IRS nicht als steuerbefreite Organisation anerkannt, wie aus der Guidestar-Datenbank hervorgeht, ihre Muttergesellschaft, das American Security Project, hingegen schon. Öffentlich zugängliche Unterlagen des IRS weisen Holland im Jahr 2015 als Senior Fellow beim ASP und im Jahr 2019 als Sekretär und Chief Operating Officer von ASP aus. Es war mir von daher völlig klar, dass Holland die Behauptung vom „Meerwasser“ als dem Fusionsbrennstoff aufrechterhalten würde.

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Screenshot von der Website von Hollands Fusion Industry Association

Für Holland war die Fusion das Allheilmittel für alle Übel der Welt: „Die Fusion wird die Dunkelheit erhellen, die Arbeitsplätze und die industriellen Grundlagen für das 21. Jahrhundert schaffen und für eine friedlichere Welt sorgen.“ Holland forderte das Beratergrenium dazu auf, die Bundesregierung zu ermutigen, private Unternehmen, die sich um die Kommerzialisierung der Kernfusion bemühen, mit öffentlichen Geldern zu unterstützen.

Nach Hollands Präsentation habe dann ich vor dem Gremium gesprochen und das Problem erläutert. Eines der Mitglieder des PCAST, das sich danach mit mir in Verbindung gesetzt hat, war Eric Horvitz, der Chief Scientific Officer der Microsoft Corp.

„Vielen Dank für die Informationen über Deuterium auf der letzten Sitzung“, schrieb Horvitz. „Wie groß ist Ihr Interesse und wie schätzen Sie die Aussichten für die Machbarkeit der Kernfusion insgesamt ein? Können Sie zu letzterem eine kompakte Zusammenfassung schicken?“

Ich habe ihm meine kompakte Zusammenfassung zukommen lassen: „Es gibt keine Brennstoffquelle. Das Spiel ist gelaufen.“

Später habe ich der Verwaltungsleiterin des PCAST eine Dokumentensammlung zukommen lassen, welche sie in das Verteilerpaket für die PCAST-Mitglieder aufgenommen hat. Diese ist über die Website des Weißen Hauses abrufbar. Meiner Zusammenstellung habe ich auch meine Transkription der Präsentation von Holland sowie Fragen und Antworten zur Fusion beigefügt, die während des Treffens diskutiert wurden.

Das Gremium war nicht ohne Eigeninteresse. Maria Zuber ist eine der drei Ko-Vorsitzenden. Zuber ist Professorin für Geophysik und Vizepräsidentin für Forschung am Massachusetts Institute of Technology. Sie hat die Zusammenarbeit des MIT mit Commonwealth Fusion Systems in Pressemitteilungen und Nachrichtenartikeln von Anfang an aktiv gefördert. Am MIT ist Zuber zuständig für den Bereich des geistigen Eigentums, der Forschungsintegrität und der Forschungsbeziehungen mit der Bundesregierung. Katie Rae, eine eingeladene Rednerin bei dieser PCAST-Sitzung, ist eine Direktorin von Commonwealth Fusion Systems.

Hollands Antwort

Nachdem ich dem Beratergremium meinen Vortrag über den nicht vorhandenen Brennstoff gehalten hatte, übermittelte Holland dem Gremium eine Gegendarstellung. Sie ist in der Zusammenstellung der öffentlichen Kommentare enthalten. Holland verfügt über keinerlei spezifische Fachkenntnisse im Bereich der Wissenschaft, geschweige denn in der Nuklearwissenschaft. Sein Fachwissen liegt vielmehr in Regierungsangelegenheiten und in der Politik. Wir können jedoch ziemlich sicher sein, dass er bei der Formulierung seiner Antwort die fähigsten und klügsten Köpfe aus der Fusionsindustrie zur Beratung hinzugezogen hat.

In seiner Erwiderung hat Holland bestätigt, dass es den Brennstoff für die Kernfusion nicht gibt, hat aber diese Worte dabei nicht benutzt. Stattdessen erklärte er, dass „die USA über stabile, zuverlässige Brennstoffquellen für die Fusionsenergie verfügen werden“. Nichts in Hollands Widerlegung hat erklärt, was die US-Wissenschaftler geplant haben, um diese Brennstoffquellen zu schaffen oder zu finden.

In einer Aussage aus Hollands Gegendarstellung heißt es, dass bezüglich Tritium „die primäre US-Versorgung aus dem DOE Savannah River National Lab erfolgt“.

Vor dreißig Jahren hatte das Savannah River Site Tritium an das Princeton Plasma Physics Laboratory, ebenfalls ein Labor des DOE, für dessen Tokamak-Fusionstestreaktor geliefert. Scott Shaw, Referent für Öffentlichkeitsarbeit beim SRNL, erklärte gegenüber der New Energy Times, dass das in der Savannah River Site produzierte Tritium nicht für kommerzielle Anwendungen zur Verfügung steht, sondern ausschließlich für die Atomwaffenbestände des Militärs bestimmt ist.

In seiner Erwiderung erklärte Holland dem Beratergremium außerdem, dass das „Lithium aus dem Wasser der Weltmeere gewonnen werden kann, deren Reserven praktisch unbegrenzt sind“. Holland schloss mit einem Plädoyer für eine stärkere öffentliche Finanzierung der derzeit hauptsächlich privaten Fusionsbemühungen:

Eine mit Kernfusion betriebene Wirtschaft würde die geopolitischen Bedenken hinsichtlich der Energieversorgung vollständig ausräumen. Die Kernfusion verwandelt die Energie als eine Ressource, die abgebaut oder gewonnen werden muss, in eine Ressource, die erzeugt werden kann. In einer auf Kernfusion basierenden Zukunft wird die einzige Einschränkung bei der Energieversorgung und -verfügbarkeit in den Kosten und der Bereitstellung einer produzierten Ware bestehen.

Hollands Behauptung einer geopolitischen Harmonie in Sachen Energie erfordert schon eine blühende Fantasie. Fünf Länder verfügen über 98 Prozent der weltweiten Lithiumreserven, so dass das Lithium für Hollands Zukunft der Kernfusion aus dem Meerwasser gewonnen werden müsste. Bislang wurde jedoch noch kein kosteneffizientes Verfahren zur Gewinnung von Lithium aus Meerwasser entwickelt, obwohl bereits jetzt ein immenser Bedarf an Lithium für Batterien besteht. Nachdem ein kostengünstiges Verfahren zur Extraktion aus dem Meerwasser erfunden sein wird, erfordert Hollands Fusionszukunft auch noch sieben physikalische Wunder zur Anreicherung und Erbrütung.

Als Folgemaßnahme veranstalteten Das Weiße Haus und das Energieministerium am 17. März 2022 ein Treffen unter dem Titel „Developing a Bold Vision for Commercial Fusion Energy“ (Entwicklung einer kühnen Vision für die kommerzielle Fusionsenergie) zur Förderung der Kernfusion. Die Organisatoren erklärten, dass es „viele technische Errungenschaften“ gegeben habe und Sie führten dazu die nachfolgenden drei Resultate aus den jüngsten Fusionsexperimenten an.


Das JET-Experiment

Die Organisatoren erklärten, dass der Joint European Torus (JET) in Großbritannien „seinen 24 Jahre alten Rekord mit einem fünfsekündigen Hochleistungspuls verdoppelt hat, der einzig durch die experimentelle Hardware und nicht durch die Plasmastabilität begrenzt wurde“.

Die Organisatoren haben jedoch nicht erläutert, was sich hinter dieser „Hochleistungs“-Messung von 59 MJ verbirgt, handelt es sich dabei doch lediglich um eine Messung der Teilchenenergie, welche bei der Reaktion im vergangenen Jahr erzeugt wurde. Sie hatte nichts mit jener Energie zu tun, die bei der Reaktion verbraucht wird, geschweige denn mit jener, die der gesamte Reaktor verbraucht.

Die einzige Messung, die jemals direkten Aufschluss über die praktische Anwendbarkeit der Kernfusion geben können wird, ist die durch einen Reaktor erzeugte Nettoenergie (oder Nettoleistung). Im Fall des JET verzeichnete der Reaktor einen Stromverbrauch von 3500 MJ im Vergleich zu den 59 MJ an thermischer Energie, die durch die Fusionsteilchen erzeugt wurden. Der Reaktor hat also keine Energie produziert, sondern 3441 MJ an Energie verbraucht, die er aus dem Stromnetz bezogen hat. Das bedeutet, dass der JET-Reaktor bei den Experimenten im Jahr 2021 98 Prozent der Energie, die er für seinen Betrieb benötigte, eingebüßt hat. Und dies ist schon der höchste Wert, den je ein Fusionsreaktor in Richtung auf ein ausgeglichenes Ergebnis erreicht hat.

Doch es gibt da noch ein weiteres Problem mit den JET-Ergebnissen von 2021, wie die blauen und roten Kurven in der nachfolgenden Abbildung zeigen. Obwohl in diesen beiden neuen Experimenten (DTE2 42 MJ und DTE2 59 MJ) Fusionsteilchen mit der doppelten Energie im Vergleich zu 1997 (DTE1 22 MJ) erzeugt wurden, hat sich die Leistung bei den Experimenten von 2021 während der 5-Sekunden-Durchläufe kontinuierlich verringert. Dies ist kein gutes Omen. Daniel Jassby, ein pensionierter Plasmaphysiker vom Princeton Plasma Physics Laboratory, hat die neuen JET-Ergebnisse in einem Artikel vom Mai 2022 ausführlicher wissenschaftlich untersucht.

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Die Ergebnisse des JET von 2021 (blaue und rote Kurven) im Vergleich zu den Ergebnissen von 1997 (schwarze Kurven)


Die National Ignition Facility

Die Organisatoren erklärten, dass die National Ignition Facility (NIF) des Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien „eine Energieausbeute erreicht hat, die achtmal höher ist als der bisherige Rekord und an der Schwelle zur Zündung steht, was uns einen zweiten Fusionsansatz mit ähnlicher physikalischer Leistung wie der Tokamak bietet.

Die Organisatoren haben nicht erwähnt, dass die NIF – die von den amerikanischen Steuerzahlern mit 3,5 Milliarden Dollar finanziert wurde – trotz des Erreichens der Zündung und einer Laufzeit von gerade einmal einer Milliardstel Sekunde immerhin 400 MJ an Energie verbraucht und dabei 99,7 Prozent der verbrauchten Energie verloren hat.


Chinas EAST-Reaktor

Die Organisatoren feierten die Tatsache, dass „Chinas Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST) die Fusionsreaktionen über einen Zeitraum von 17 Minuten und bei 126 Millionen Grad Fahrenheit – fünfmal heißer als die Sonne – aufrechterhalten hat.

Was die Organisatoren nicht erwähnt haben, ist der Umstand, dass die Forscher bei diesen Experimenten ausschließlich 100%igen Deuterium-Brennstoff zur Anwendung gebracht haben, von dem kein seriöser Fusionsforscher erwartet, dass er auf der Erde als eine Quelle für Fusionsenergie dienen kann. Auch wenn ein 17-minütiger Puls sicherlich von Nutzen war, um einige Eigenschaften des EAST-Reaktors zu untersuchen, gehörte die Energieerzeugung sicher nicht dazu.


Der Generationenübergang

Im Jahr 2012 unternahm die internationale Fusionsgemeinschaft unter der Schirmherrschaft der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) einen wichtigen Schritt, um die Kernfusion auch den jüngeren Generationen nahezubringen. Die IAEA veröffentlichte dazu Fusion Physics, ein 1100 Seiten starkes Buch, das als „Lehrbuch für Postgraduierte“ gedacht ist.

In Kapitel 1 führen die Autoren ein „Argument für die Fusion“ an, das auf drei Anforderungen an eine neue Energiequelle beruht. Eine davon ist die Verfügbarkeit von Brennstoff.

„[Sie] muss zu einer nachhaltigen Entwicklung in der ganzen Welt führen, also auf praktisch unerschöpflichen Ressourcen beruhen, die weltweit verfügbar sind, ohne dass man auf Ressourcen aus politisch instabilen Regionen angewiesen ist“, schreiben die Autoren.

Die Autoren der IAEO haben über den Brennstoff Folgendes geschrieben:

Er muss aus dem Lithium erbrütet werden, das sowohl in der Erdkruste als auch in den Weltmeeren reichlich vorhanden ist. … Der Brennstoff ist daher praktisch unerschöpflich und wird wahrscheinlich mehrere Zehntausend Jahre lang reichen. Darüber hinaus ist der Fusionsbrennstoff überall leicht zugänglich. Dies gibt allen Nationen eine enorme Energiesicherheit und steht im Gegensatz zur politisch brisanten ungleichen Verteilung fossiler Brennstoffe wie Öl (6 % der Nationen besitzen mehr als 66 % des Ölreichtums der Welt).

Vergleichen wir diese Zahlen nun mit denen der Lithiumreserven: 3 % der Staaten der Welt besitzen mehr als 98 % der Lithiumvorräte der Welt.

Die Autoren des IAEO-Wälzers haben keine Aussage dazu getroffen, dass angereichertes Lithium benötigt wird, geschweige denn, dass es daran fehlt. Sie haben auch nichts über eine effektive Methode zur Gewinnung von Lithium aus Meerwasser ausgesagt.

Abschließend sei den nachfolgend aufgeführten Fusionsforschern Anerkennung gezollt, die im Jahr 2020 mutig erklärten, dass es, selbst wenn angereichertes Lithium zur Verfügung stehen würde, keinen verfügbaren Lösungsweg gibt, um schnell genug Tritium zu erzeugen:

  • Mohamed Abdou, University of California, Los Angeles
  • Marco Riva, University of California, Los Angeles
  • Alice Ying, University of California, Los Angeles
  • Christian Day, Karlsruher Institut für Technologie, Deutschland
  • Alberto Loarte, ITER Organization
  • Baylor, Oak Ridge National Laboratory
  • Paul Humrickhouse, Idaho National Laboratory
  • Thomas F. Fuerst, Idaho National Laboratory
  • Seungyon Cho, National Fusion Research Institute, Republic of Korea
    (Referenzen und Quellen)


Offene Fragen

Wer in der Fusionsgemeinschaft hat in den letzten 70 Jahren gewusst, dass es den für die kommerziellen Fusionsreaktoren benötigten Brennstoff nicht gibt? Welche Anstrengungen haben sie unternommen, um ihre Kollegen darüber zu informieren? Wer innerhalb der Fusionsgemeinschaft hat es nicht gewusst? Warum haben sie es nicht gewusst? Wie konnten angesichts dieser Brennstoffillusion weltweit mit Milliardeninvestitionen verbundene wissenschaftliche Projekte im öffentlichen und privaten Sektor entwickelt und gefördert werden, die sich über mehrere Generationen erstrecken?